Ich muss mir heute den Kopf mal wieder freischreiben.


Wie die meisten schon mitbekommen haben, mache ich bei jedem Neukunden ein Erstgespräch.
Das findet meistens im häuslichen Umfeld statt.

Der Hintergrund ist, dass der Hund sich dort am wohlsten fühlt und ich mit den Haltern in Ruhe Dinge besprechen kann.
Manche Problematiken finden ihren Ursprung in den eigenen 4 Wänden.
Für Welpenbesitzer biete ich dieses Erstgespräch ebenfalls an, da gerade in den ersten Tagen einiges an Fragen auftaucht und ich besser drauf eingehen kann. So auch heute.
Die Information vor dem Termin war, dass es sich um einen 4 bis 5 Monate alten „Welpen“ aus Rumänien handelt, der seit einer Woche in Deutschland ist.
4-köpfige Familie mit 2 jugendlichen Kindern.
Vorgefunden habe ich einen Welpen mit verdammt großen Pfoten, der jetzt schon eine Größe von geschätzten 25 cm hat. Als ich reinkam, ist er sofort ins Wohnzimmer in eine Ecke gegangen.
Ich habe mir noch nichts gedacht, kenne ich ja schon aus meinem Alltag.
Der Welpe ist ein Mix und von der Optik irgendwas mit Malamut Husky, evtl. Pyrenäen Berghund, Akita, also von den Rassen eher eigenständige Hundetypen, die nicht wirklich mit dem Menschen zusammenarbeiten möchten und ihre eigene Individualdistanz haben.
Und er hat mir in seinem jungen Alter mit deutlichem Knurren gezeigt, was er von mir hält.
Ich ignorierte ihn und wir Menschen unterhielten uns erstmal.
Dabei kam heraus, dass der Welpe die ersten 5 Tage sich streicheln ließ, die Familie ohne Besonderheiten auch in die Wohnung ließ.
Ab Tag 6 sah das schon anders aus. Er knurrte schon mal deutlich. Bei Kleinkindern aus der Nachbarschaft am Zaun zeigte er auch mit Knurren was er von ihnen hielt. Es ist eine Mischung aus Unsicherheit, weil er es noch nicht kennt, und Territorial.
An einer langen Leine bin ich mit ihm ein Stück durch den Garten gegangen. Als es nicht nach seiner Nase ging und er einfach stehenblieb, habe ich die Leinenspannung aufrechterhalten und bin einfach stehen geblieben. Es gibt Hunde, die sich hinsetzten, wegziehen oder nach kurzer Zeit sich in Bewegung setzen. Ich bewegte mich keinen Millimeter und das fand der junge Mann überhaupt nicht lustig, aus einem minimalen Knurren wurde ein deutliches Knurren.
Der nächste Test, um seinen neuen Besitzern zu zeigen, was in dem Kleinen steckt, habe ich einen gestellte lautere Diskussion mit schupsen des Halters fingiert. Der junge Mann saß in der Ecke und knurrte deutlich.
Aus hündischer Sicht hat der Welpe alles richtig gemacht und er ist in den richtigen Händen mit dem richtigen Umfeld ein super Hund, aber in einer Familie mit Kindern, in denen es auch mal regelmäßigen Besuch gibt, evtl. Parties (Jugendliche feiern gelegentlich auch mal ), in einem Haus in einer dichtbesiedelten Wohngegend mit einem durchschnittlichem Garten ist er definitiv in den falschen Händen. Zudem es Ersthundebesitzer sind.
Ich habe aufgezeigt was passieren könnte, was sie alles machen sollten, dass der Hund definitiv eine klare eindeutige Erziehung benötig und er kein Hund sein wird, für den die Basiskommandos/Signale im Vordergrund steht, da er eher in seinem Wesen den Job hat, das Grundstück und seine Menschen zu bewachen ggfs. auch zu verteidigen. Als Mensch sollte man keine mentale Schwäche zeigen, Entscheidungen treffen und präsent sein damit es in die richtige Richtung geht.
Eigentlich all das was diese Familie nicht leisten kann.
Ende vom Lied, der Hund wird wieder zurück zur Organisation gehen, mit der Hoffnung eine passendere Familie zu finden.
Gerade in diesem jungen Alter zählt jede Woche der Erziehung und Beziehungsaufbau.

Das Ganze hätte verhindert werden können, wenn von Seiten der Organisation genauer hingeschaut worden wäre.
Sie kennen den Hund aus dem Shelter und sollten einschätzen können, was in einem Hund charakterlich drinnen steckt.
Klar können die Orgas auch nicht in eine Glaskugel schauen, aber im Normafall ist ein gesundes Wissen und Erfahrung vorhanden, damit für ihre Schützlinge ein einigermaßen passendes zu Hause gefunden werden kann um genau das zu Verhindern.
Und das ärgert mich, weil wieder ein Hund in die falsche Familie kam und er weiterziehen muss.

Ich kenne die Argumentation, wie:
Er muss erstmal ankommen.
Er muss erstmal seine Zeit bekommen.
Nach einer Woche ist es noch viel zu früh, um etwas vorherzusehen.
Der Halter und der Hund müssen erstmal zusammenfinden.

Diese Aussagen sind alle richtig und das sage ich auch oft am Anfang.
Aber in diesem Fall war das so eindeutig, dass das nicht lange gut gehen wird.
Hätte ich nichts gesagt, hätte ich grob fahrlässig gehandelt.

Liebe Tierschutzorganisationen, liebe Vor- und Endkontrollen,
bitte schaut tiefer in die Familien rein, versucht eure Schützlinge gut einzuschätzen und testet sie Vor-Ort, damit eine passende Familie gefunden wird.

Liebe Neuhundehalter oder die sich mit dem Gedanken tragen einen Hund aus dem Tierschutz ein neues zu Hause zugeben,
schaut euch Bilder und die Daten des Hundes an, hinterfragt alles.
Am besten schaut ihr euch den Hund erstmal an, dass heißt im Idealfall ist der Hund schon in Deutschland.

Ich ziehe den Hut vor Hundehaltern, die den Mut aufbringen, gegen alle menschlichen Anfeindungen, zum Wohle des Hundes agieren, ihn wieder zurück zur Orga geben.

Und nochmal für diejenigen, die es immer noch nicht wissen:
Eine vertragliche Verpflichtung zur Kastration ist nichtig.
Ein Hund darf NUR aus medizinischen Gründen kastriert werden. Eine Frühkastration birgt verdammt viele Risiken. Bis ein Hund vom Kopf er erwachsen wird, dauert es bis zu drei Jahren und bis dahin heißt es durchhalten und Erziehen. Eine Kastration ersetzt keine Erziehung und verändert nicht den Charakter.

Ich schere nicht alle Orgas über einen Kamm, es gibt solche und solche.
Auch die Hunde sind tolle Hunde und ich mag sie eher als überzüchtete Tiere von unseriösen Züchtern.
Aber nicht jeder Hund will gerettet werden, um in Deutschland an der Leine in einem kleinen Garten sein Dasein zu fristen, nicht jeder Mensch eignet sich für diese Hunde mit evtl. Verhaltensauffälligkeiten

Daher zum Schluss mein Appell an die Orgas und an erster Stelle an die Menschen, die die Vorkontrollen machen:
Achtet mehr auf die kleinen Details, Hinterfragt mehr, eine Absage zum Wohle des Hundes ist besser als ein ewiger Wanderpokal.