Warum gibt es bei mir keine Welpenspielgruppe? Sind die Welpen deswegen im Erwachsenen Alter schlecht sozialisiert?

Ich kann aus meiner Erfahrung diese Fragen eindeutig verneinen.

Bei Welpen aus reinen Spielgruppen kann es durch Überforderung des Welpen eher zu einer schlechten Sozialisierung kommen.

Sozialisation ist die Anpassung an die Gesellschaft.

Sprich ein gut sozialisierter Hund sollte mit Situationen und Lebenslagen in der Gesellschaft ohne größere Probleme klarkommen.

Wer die Gesellschaft sein sollte bestimmt nicht der Hund, sondern der Mensch, denn der trägt die Verantwortung für den Hund.

Zieht ein Welpe/Hund neu ein, möchte der Mensch meist so viel wie möglich Hundekontakt, am besten durch Freispiel mit Artgenossen jeglicher Größe und Energie.

Das kann aber richtig nach hinten los gehen.

Nehmen wir einen ruhigen zurückhaltenden Welpen, der auf einen durchgedrehten Welpen stößt.

Der Temperamentvolle läuft hinter dem anderen hinterher.

Was für den Mensch als Spiel aussieht, ist für die Hunde das Gegenteil.

Der zurückhaltende, eher unsichere Welpe flüchtet und der andere jagt ihn.

Während der Jagende vermeintlich die Situation positiv verknüpft, verknüpft der andere es als negativ und dies kann traumatisch sein. Gerade wenn sein Mensch nicht eingreift, um ihn zu beschützen.

Die Hunde lernen spielerisch, wie sie auf andere Hunde wirken und wie der andere reagiert. Klar sind solche Erfahrungen wichtig in der Entwicklung. Aber bitte wohl dosiert und mit einem Hund, der von der Energie dazu passt und es ein gegenseitiger Wechsel der Positionen gibt.

Und nein, die machen das nicht untereinander aus oder da muss er durch.

Hand aufs Herz, lassen Sie ihr Kind, das eher ruhig ist und etwas länger benötigt um Kontakt zu anderen aufnehmen möchte, in eine Spielgruppe mit 10 Kindern, die lärmen, rumrennen und die Ihr Kind ärgern?

Ich würde es jedenfalls nicht machen und habe es nicht gemacht. Ich habe mich mit anderen Müttern angelegt, weil ihr Kind mit Sand geworfen hat und mit der Schaufel mein Kind verhauen wollte.

Warum wird in Freispielgruppen aber nicht der Hund geschützt bzw. geholfen? Warum müssen die Welpen dadurch und der Mensch schaut nur zu? Eine vernünftige Antwort habe ich noch nicht bekommen.

In vielen Fällen entsteht bei einem Welpen, der zu jedem Hund ungefragt hindurfte, eine Frustration, wenn er nicht darf. Mit dieser menschengemachten Frustration kann der Mensch wiederum nicht umgehen und gibt nach. Ein Teufelskreis entsteht.

So ähnlich ist es mit den viel verbreiteten Gerücht, dass der Hund viel Hundekontakt für eine gute Sozialisation braucht.

Auch das ist eine reine Definitionssache.

Mit Kontakt ist nicht der direkte körperliche Kontakt gemeint. Die Hunde nehmen aus der Entfernung Kontakt mit seinem Gegenüber auf. In den meisten Fällen merken wir Menschen das noch nicht mal.

Und um diesen Kontakt geht es und nicht um das viel Gesagte: Der wollte nur mal Hallo sagen.

Und wenn das „nur mal Hallo“ sagen, dann noch an der Leine stattfindet, gehen bei mir die Nackenhaare hoch.

Zum einen wäre es mehr als respektvoll dem anderen Halter gegenüber diesen erstmal zu fragen, ob er das möchte. Zum anderen kann es durch die Leine zu doofen Situationen kommen.

Selbst die ruhigsten Hunde können sich erschrecken (Stich von einer Biene etc.) und dann er möchte weg, geht aber nicht, da sich die Leinen verknotet haben.

Meisten halten wir die Leinen gespannt und übertragen unsere Stimmung dadurch.

Und nein, ich möchte nicht, dass andere Hunde meinen, einfach nur mal Hallo sagen wollen. Unabhängig, ob mein Hund es auch will.  Er hat ausgesuchten Hundekumpels/ -kumpelinen, bei denen ich weiß, dass die Energie passt.

Ich diskutiere auch nicht mehr mit den Menschen, die ihren Hund respektlos unangeleint auf meinen zu rennen lassen. Mittlerweile zeige ich deutlich mit meiner Körpersprache was ich davon halten. Mein Hund ist gut sozialisiert und zeigt in fein abgestimmten Nuancen was er davon hält. In den meisten Fällen zeigt er mir klar, dass er null Interesse an dem Gegenüber hat.

Gerade der Satz „Ihr Hund ist wohl schlecht sozialisiert, dass er so abweisend auf reagiert“ kennen einige und treibt bei einigen mittlerweile das Blut in den Adern zum Kochen.

Manch vermeintliche freundliche Hund, ist in vielen Fällen der respektlosere Hund, weil er einfach hingeht oder den anderen „angeblich“ nur anschaut. Das das Anschauen eher ein Anstarren ist und für den anderen Hund eine Provokation ist, nehmen die Halter oft nicht wahr.

Für mich ist beginnt eine gute Sozialisation im Welpenalter an. Sprich der Welpe lernt sich bei anderen Hunden zu entspannen.

Ich erlebe oft bei Junghunden, die neu bei mir sind, dass diese gefrustet sind, weil sie nicht mit den anderen „spielen“ dürfen, wie sie es gewohnt sind. Aus meiner Erfahrung entstehen Leinenaggressionen in vielen Fällen aus Frust, weil der Hund nicht zu dem anderen hindarf.

Auch wenn einige Welpenbesitzer aus diesem Grund nicht zu mir kommen, bleibe ich mit meiner Einstellung:

In meiner Welpengruppe gibt es nur bedingt Freispiel, es hängt von der Energie der Hunde ab und wenn es halt mal nicht passt, dann passt es halt nicht. Die Hunde sollen solch Begegnungen mit positiver Erfahrung verknüpfen.

Lieber Leser dieses Beitrages, habt bitte immer im Hinterkopf den Vergleich zu Euren Kindern.

Ich entscheide mit welchem Kind mein Kind spielt, um meins zu schützen.

Ich will nicht, dass jeder mein Kind anfasst oder streicheln will.

Da schaffen wir es problemlos dem Umfeld es klar zu kommunizieren, Ihr könnt es auch bei Eurem Hund machen. Lieber bin ich der doofe Mensch und schütze meinen Hund, anstatt der liebe Mensch zu sein aber einen gestressten Hund zu haben.

Als Welpe ist es noch süß, wenn er hochspringt und jeden begrüßen will, weil die Menschen ihn süß finden, als erwachsener Hund empfinden sie es als schlecht erzogen. Selbstreflektion, dass sie dazu beigetragen haben, finden selten statt.

Ein Hund der irgendwann mal knurren oder beißen könnte, kann im Welpenalter entstehen und das ist mein Auftrag als Hundetrainer, dieses zu vermeiden bzw. dem Halter das zu vermitteln.

Macht euch frei, von dem Gedanken es jedem Menschen recht zu machen, zum Wohle/Schutz eures Hundes. Es ist Euer Hund, Eure Erziehung, Eure Grenzen und nicht der anderen.