Warum tun wir Menschen uns schwer unseren Hunden Grenzen aufzuzeigen?
In meinem Alltag als Hundetrainer, kommt es ca. alle 6 Monate vor, dass ich mal wieder etwas deutlicher werden musste und auf diverse Regeln auf dem Platz aufmerksam zu machen.
Es geht um das ewige Markieren von Hündinnen und Rüden. Ja richtig gelesen, Hündinnen markieren auch.
Ich gehe nicht näher darauf ein, warum ein Hund markiert. Nur so viel dazu, dass die Gründe unterschiedlich sind. Das kann Unsicherheit-, Mut-, Verlegenheits-, Hier-bin-ich- oder Alles-Meins-markieren sein.
Unterm Strich aber egal, da ich es unmöglich finde.
Wenn ich darauf hinweise, kommt meisten entweder:
Ups, habe ich nicht mitbekommen.
Wie soll ich das verhindern?
Der muss halt mal pinkeln.
Etc.
Also haben wir an einem Trainingstag in allen Gruppen, versucht es den Haltern zu vermitteln, was wir als Trainer sehen und wie man es abändern kann, wenn man es wollte.
Wir standen auf dem Parkplatz vor dem Platz und haben alle Kunden dort in Empfang genommen.
Das erste was wir wahrnehmen konnten, dass 50 % der Kunden früher da waren und noch eine kurze Runde zum Lösen gegangen sind und 50% direkt aus dem Auto zum Platz liefen.
In vielen Fällen sind die Hunde aus dem Auto und los ging es. Ich brauch nicht erwähnen, dass die Hunde das Tempo und den Weg vorgeschrieben haben oder es versucht haben.
Mit diesen Eindrücken starteten wir in die diversen Gruppentrainings mit einer Theorieeinheit zum Thema Abbruchswort, Respekt zwischen Mensch und Tier, Orientierung am Menschen und das menschliche Denken.
Fangen wir an mit gegenseitigem Respekt.
Es geht mir dabei nicht nur um das Gelände des Hundeplatzes, sondern generell im Alltag.
Nehmen wir einen Jungrüden. Er darf überall und wo er will, schnüffeln (die Betonung liegt auf wo er will), er bedient sich den Gerüchen von Pinkelspuren und Kothaufen. Kaum daran gerochen markiert er die Stelle. Wenn es noch eine läufige Hündin war, geht das Sabbern los. Was in seinem Gehirn losgetreten wird, durch das Auflecken der Pipi-Pfützen, möchte ich vereinfacht erklären (für das fachlichen Aufzählungen wie welche Hormone im Gehirn zusammenspielen sind andere Zuständig).
Jedes Mal bekommt das Gehirn Impulse, mit dem der Hund erstmal lernen muss umzugehen und hormonelle Gegenspieler aufzubauen. Je mehr er diese ungefiltert er diese aufnimmt, desto eher ist das „Risiko“, das er ungewollte Verhaltensweise zeigt.
Spätestens da kommt der Einwand „Darf mein Hund nicht mehr schnüffeln?“ Doch das darf logischerweise, aber bitte nicht, wann er will, wie lange er will und wo er will. Er darf sich gerne mal rückversichern, ob ich das möchte. Oder ich gebe ihm ein Signal, dass ich jetzt weiter gehe. Auch sollte ich in der Lage sein, ein ungewünschtes Verhalten auch mal mit einem Abbruchswort abzubrechen.
Idealerweise lerne ich als Mensch meinen Hund zu lesen, denn er zeigt vorher schon, wo er schnüffeln möchte oder hinwill.
Wenn ich mit meinem Hund im Umfeld unterwegs bin, bekomme ich des Öfteren von Eigentümern von Häusern etc. erzählt wie respektlos sie es finden, wenn an den Hecken das Bein gehoben wird, das regelmäßig ihre Bepflanzungen eingehen, durch den Urin, es Stellen gibt, die nach Hundeurin stinkt oder sie regelmäßig Kot-Haufen im Vorgarten haben.
Alles hängt mit gegenseitigem Respekt zusammen.
Wir Menschen ziehen dann oft den Hund weg und ärgern uns über den Hund.
Gehen wir in solchen Momenten mit dem Hund respektvoll um? Mit Nichten, denn er weiß ja nicht was wir von ihm möchten. Er lernt nur, dass er weggezogen wird. Warum, weiß es nicht. Also wird er das Verhalten entweder gleich wieder machen.
Ist es Respekt gegenüber meinem Hund, ihn überall machen lassen was er möchte, dass er entscheidet, wo er seine Duftspur hinterlässt?
Ich meine nein.
Respektiert mich meinen Hund in so einfachen Dingen? Ich meine nein.
Und wenn er mich da nicht respektiert oder ich Probleme habe ihm Regeln beizubringen, wie soll das in schwierigen Situationen funktionieren?
Einfach mal darüber nachdenken.
Vieles hängt damit zusammen, dass wir Menschen von Anfang an uns in liebevolle Art und Weise von unseren Hunden manipulieren lassen. Als Welpe darf er ziehen und wir bleiben stehen, wenn er stehen bleibt. Wir beobachten unsere Hunde den ganzen Tag, ob unbewusst oder bewusst. Der Hund zieht, weil er mal dringend muss. Der Hund zieht auf den Platz, weil er sich so freut. Der Hund wird ungefragt zu uns Trainern gelassen. Ob wir es möchten, werden wir nicht gefragt. Usw. usw. usw.
Der Hund darf viel bis alles mittlerweile selbst entscheiden. Aber wir möchten einen Hund, der im Freilauf abbruchbar ist. Wir möchten einen Hund, der gut an der Leine läuft. Wir möchten einen Hund, der mich als Mensch respektiert.
Dann sollten wir anfangen, den Hund zu sehen als das was er ist:
Ein Hund, der instinktiv agiert und reagiert.
Er hat kein Mitleid mit uns, wenn er uns fast den Arm auskugelt, weil er ein Hund auf der anderen Straßenseite sieht.
Wir haben aber bedenken unseren Hund mal eine klare Grenze zu setzen.
Idealerweise lernt der Hund vom ersten Tag an, was ich von ihm möchte und das so schön wie es geht. Wenn ich aber am Anfang alles durchgehen lasse, ist irgendwann der Punkt, wo es nur noch klar und eindeutig geht.
Immer wieder bekomme ich im privaten, wie auch im geschäftlichen Bereich, dass wir Menschen zwar mit dem Hund spazieren gehen. Aber mal Hand aufs Herz, gehen wir nebeneinanderher und jeder lebt in seiner Welt oder bringe ich Abwechslung rein. Spiele ich mit dem Hund mal beim Spaziergang? Verändere ich einfach mal die Richtung oder die Geschwindigkeit? Mach ich mal ein kleines Suchspiel mit ihm? Sage ich es in stinklangweiligen Situationen meinem Hund, dass er es schön macht? Gebe ich dem Hund auch mal den Weg vor oder mit wem er Kontakt haben darf?
Und was hat das jetzt mit dem Markieren zu tun?
Ganz viel. Wenn der Hund im Alltag mich als Mensch nicht respektiert und an mir nicht orientieren kann, wird er es in diesem Fall auch nicht machen.
Mag mich mein Hund deswegen weniger? Mit Nichten.
Er lernt mir zu vertrauen, da ich Grenzen aufzeige. Grenzen ermöglichen mehr Freiheit, da er mir vertraut. Und wenn mein Hund mir in normalen Situationen vertraut, vertraut er mir auch in schwierige Situation. Wenn mein Hund sich an der normalen an mir orientiert, wird er es auch an der Schleppleine oder im Freilauf machen. Wird er es an der kürzen Leine nicht machen, wird er es im Freilauf erst recht nicht machen.
Leider ist das kontinuierlich daran arbeiten und nicht nur einmal in der Woche auf dem Hundeplatz.
So wie das Erlernte beim Hund ins Langzeitgedächtnis abgespeichert werden muss, so müssen die neuen Bewegungsabläufe auch bei uns Menschen ins Unterbewusstsein gespeichert werden um diese in Sekundenschnelle in Gefahrensituationen abgerufen werden können.
Ich kann Euch von eigenen Erfahrungen wie auch von Kunden berichten, wenn man 2-3 Jahre durchhält, hat man es geschafft.
Ein Hund soll ein Hund bleiben, ich finde es nur respektvoll, wenn er sein Tun und Handeln mal bei Menschen absichert bzw. abfragt.
Meine Devise mit meinem Hund ist:
GEIMENSAM durch den Alltag gehen.