Moritz – Der schwere Weg eines jungen Hundes 

Teil 1

Moritz wurde am 08. März 2023 geboren – ein aufgeweckter Welpe aus einem VDH-zertifizierten Züchterhaushalt, der gemeinsam mit acht Geschwistern in sein Leben startete. Am 05. Mai 2023, mit acht Wochen, zog er bei uns ein. Wir waren bereit für einen Neustart mit Hund – voller Hoffnung, Liebe und Verantwortungsbewusstsein.

Doch es kam anders. Viel zu anders.

Ein schlechter Start in eine gute Zukunft

Schon in den ersten Wochen zeigten sich die ersten Stolpersteine. Wir wollten Moritz bestmöglich fördern, doch es war schlichtweg keine Welpengruppe verfügbar. Erst als er elf Wochen alt war, fanden wir einen Platz – leider keine feste Gruppe, sondern wechselnde Hunde. Statt Spiel und Sozialkontakt gab es Korrekturen, Einschränkungen und ständigen Druck.

Moritz durfte nicht frei laufen, selbst kontrolliertes Spiel war unmöglich. Stattdessen wurde mit Wasser, klappernden Näpfen und Schlüsseln gearbeitet – aus seiner Sicht ständige Bedrohung. Die Folge: ein junger Hund, der nicht lernen konnte zu vertrauen.

Ein Ratschlag jagt den nächsten – keiner hilft

Ein Hausbesuch einer Trainerin brachte keine Entlastung – im Gegenteil. Der Rat: Moritz mit einem Haken in der Wand anzubinden, mit einer Rüttelflasche zu arbeiten, oder ihn am besten direkt abzugeben. Moritz war gerade fünf Monate alt. Und wir? Wir waren verzweifelt, beschämt, hilflos.

Statt echter Hilfe wurde uns immer wieder vermittelt: „Ihr seid das Problem.“

Als auch noch unsere Tierärztin zur baldigen Kastration riet, fühlten wir uns zunehmend überfordert. In unserer Not wandten wir uns an eine bekannte Trainerin – doch was dort geschah, erschütterte uns zutiefst. Moritz wurde angeschrien, massiv körperlich bedrängt, fast gewürgt, in einer eskalierenden Situation sogar getreten und beschimpft. „Scheiß Köter“ – dieses Wort brennt sich ein. Wir brachen alles ab.

Am Telefon wurden wir danach wüst beschimpft – weil wir uns schützend vor unseren Hund gestellt hatten.

Verloren im Therapiedschungel

Auf Anraten der Tierärztin folgte eine Verhaltenstherapie. Der erste Termin: knapp 1000 Euro. Das Ergebnis: Leckerli, Handout, Maulkorbberatung. Moritz bekam Käse – für jeden Blick. Doch unser Alltag wurde nicht leichter, unser Gefühl nicht sicherer, unsere Sorgen nicht kleiner.

Nach wenigen Wochen, weiteren teuren Besuchen und zunehmender Erschöpfung nahmen uns die Züchter Moritz für eine Woche ab – mehr als ein kurzes Durchatmen war das aber nicht. Sie wollten ihn nicht zurück. Und uns wurde geraten: Hundeinternat.

Training, das mehr kaputt macht als heilt

Moritz verbrachte drei Wochen im Hundeinternat – lebte mit der Trainerin, ihren Hunden, sogar zeitweise mit kleinen Kindern. Der Umgang: streng. Leinenruck für die Leinenführigkeit, Training mit Maulkorb samt Metall-Stirnriemen. Wir bekamen Einzelstunden, lernten mit – doch das Fundament blieb brüchig. Die Hilflosigkeit wuchs. Die Kosten explodierten. Der Druck auf Moritz stieg.

Nächster Versuch, nächste Verletzung

Kurz danach: neue Hundeschule, neue Trainerin, neue Hoffnung. In der ersten Gruppenstunde: acht andere Hunde, viel Hektik, viele Reize. Nach der zweiten Stunde hatte Moritz eine tiefe Schnittwunde an der Pfote – vier Wochen Trainingspause.

Doch schlimmer als die körperliche Wunde war das Gefühl: Wir wussten nicht mehr, wem wir glauben sollten. Oder uns überhaupt noch trauen konnten.

Noch vor dem dritten Training wurde Moritz – ohne tiefere Aufklärung – ein Kastrationschip gesetzt. Unser Hund war gerade einmal neun Monate alt. Zusätzlich wurde uns empfohlen, ihm Beruhigungsmittel zu geben. Auch das lehnten wir ab.

Druck statt Beziehung

Im weiteren Training wurde mit Druck gearbeitet: Leinenruck, Napf- oder Eimerwurf, Wasserflaschen, Schellen. Übungen wurden mit Sitz-Platz-Zwang durchgezogen, Maulkörbe waren Standard, Bindung nebensächlich. Hunde wurden angebunden, weggeschickt, zurechtgewiesen. Für „Härtefälle“ wurde sogar das Sprüh- oder Elektrohalsband empfohlen – wenn auch nur „vertraulich“.

Hausbesuche? Fehlanzeige. Einzige Ausnahme: eine private Gefälligkeit bei unserem Gartenproblem, als Moritz am Zaun pöbelte.

Unser Hund litt. Und wir mit ihm.

Er bekam Verdauungsprobleme. Unsere Tierärztin riet zu einer reinen Pferdefleischfütterung – ohne Untersuchung. Es war der Tiefpunkt. Emotional, körperlich, seelisch.

Ein unerwarteter Lichtblick

Wir begannen, selbst zu recherchieren. Und stießen auf eine Hundeschule, bei der sich alles anders anfühlte: respektvoll, ruhig, fundiert. Keine Gewalt. Kein psychischer Druck. Kein Training nach Schema F. Stattdessen ein individueller Blick auf unseren Hund – auf Moritz, wie er ist. Und wie er sein darf.

Endlich.

Was wir heute wissen – und niemals vergessen werden

Die Geschichte von Moritz ist kein Einzelfall. Aber sie ist unsere. Und sie hat uns an unsere Grenzen gebracht.

Wir haben gelernt:

  • Dass viele Methoden, die sich „modern“ nennen, tief verletzen können.
  • Dass Vertrauen nur mit Geduld wächst – niemals mit Gewalt.
  • Dass nicht jeder, der laut ist, auch recht hat.
  • Dass man manchmal allein ist – obwohl man eigentlich Hilfe sucht.

Heute wissen wir, dass Moritz nicht das Problem war. Sondern das System um ihn herum.

Und heute, endlich, geht es ihm besser. Uns auch. Weil wir unseren Hund nicht aufgegeben haben. Sondern uns für ihn entschieden haben – gegen jeden Widerstand.

Autorin: C. O.-K.

Teil 2 folgt