Jenseits des Gehorsams: Soziale Erziehung und Ruhe als Schlüssel zur Harmonie
Mehr als nur Sitz und Platz: Soziale Erziehung und Ruhe
In unseren Hundeerziehungsgruppen liegt der Fokus oft auf den Grundlagen: Sitz, Platz, Leinenführigkeit. Doch ein Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Welpen- und Junghundekurse: soziales Lernen, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz und das Setzen von Grenzen.
Oft zeigt sich die Herausforderung darin, unseren jungen Energiebündeln zu Hause die Ruhe beizubringen. "Bleib!", "Nein!", "Entspann dich!" – diese einfachen Bitten scheinen manchmal ungehört zu verhallen. Dabei ist gerade die Fähigkeit zur Ruhe und Entspannung ein fundamentales Element für ein ausgeglichenes Hundeleben.
Ein Leben in Balance: Die Bedeutung der Ruhe
Stell dir vor, du wärst permanent von Reizen umgeben, müsstest täglich unzählige neue Eindrücke verarbeiten und hättest nie die Möglichkeit, wirklich abzuschalten. So ähnlich erleben viele unserer jungen Hunde ihre Welt. Ohne Ruhephasen können all die neuen Erfahrungen und kleinen Konflikte des Alltags kaum verarbeitet werden. Es fehlt die Zeit, um neue Energie für kommende Herausforderungen zu tanken.
Oftmals geben wir unbewusst dem unruhigen Verhalten unserer Welpen nach. Ein Fiepsen im Körbchen, ein winselnder Blick – und schon wird der kleine Liebling bemitleidet und herausgenommen. Wir übertragen unsere menschliche Vorstellung von Trost auf den Hund und übersehen dabei, wie wichtig es ist, ihm die Selbstregulation beizubringen.
Die unbemerkte Kontrolle: Wer führt eigentlich?
Wir sind den ganzen Tag damit beschäftigt, unseren Hund zu beobachten und zu lenken: Was frisst er? Wo geht er hin? Was tut er? Ein ständiger Kontrollakt! Und dann wundern wir uns, wenn der Hund nicht zur Ruhe kommt. In den Trainingseinheiten fordern wir mentale Höchstleistungen und erwarten gleichzeitig einen entspannten Begleiter im Alltag. Das harmoniert nicht immer.
Ein häufig gehörtes Argument: "Auf dem Sofa ist er ganz ruhig und schläft." Das mag stimmen. Doch beobachte genauer: Liegt dein Hund wirklich entspannt neben dir, weil er deine Nähe sucht? Oder liegt er quer über deinen Schoß, die Pfote demonstrativ auf deinem Bein, um dich "festzuhalten"? Oft ist dies eher ein Kontrollverhalten als ein reines Bedürfnis nach Zuneigung.
Elementare Lektionen: Grenzen setzen und "Nein" sagen
Können wir uns vorstellen, dass ein Kind uns den ganzen Tag auf den Fersen klebt oder unser Partner uns ununterbrochen anstarrt und berührt? Irgendwann wären wir gereizt. Warum fällt es uns dann oft so schwer, unserem Hund klare Grenzen aufzuzeigen? Ihm beizubringen: "Nein, du bleibst jetzt im Körbchen, während ich dusche." Dies sind grundlegende Regeln, die vom ersten Tag an etabliert werden sollten.
Denn was im Welpen- und Junghundalter versäumt wird, kann sich in der Pubertät und im Erwachsenenalter verstärken. Der Hund testet seine Grenzen, versucht seine Position zu finden – und irgendwann kann es zu unerwünschten Reaktionen kommen. Oft haben wir die feinen Signale des Unbehagens (Knappern, Lefzen lecken, Abwenden) übersehen, bis der Hund deutlicher wird.
Die Falle der Dauerbelohnung: Weniger kann mehr sein
Im Alltag belohnen wir oft jede kleine "gute" Tat unseres Hundes mit einem Leckerli. Eine Minute Stille im Körbchen? Keks! Ein kurzer Blickkontakt? Keks! Positive Verstärkung ist wichtig, aber muss es immer ein Futterstück sein? Manchmal genügt ein ruhiges Lob oder das Ignorieren unerwünschten Verhaltens.
Denn was geschieht, wenn der Hund lernt, dass jede seiner Handlungen eine Belohnung nach sich zieht? Er wird davon abhängig. Er agiert nicht mehr ohne die Erwartung von Futter. Bleibt die Belohnung aus, kann dies zu Frustration und Verunsicherung führen.
Soziale Kompetenz statt reiner Dressur: Was wirklich zählt
Ein Hund, der perfekt "Sitz" und "Platz" beherrscht, aber im Alltag sozial ungeschickt ist, ähnelt einem Soldaten mit Auszeichnungen, aber ohne Manieren. Oft legen wir zu viel Wert auf Gehorsam und zu wenig auf die Entwicklung sozialer Fähigkeiten. Dazu gehört auch, Konflikte auszuhalten und die Grenzen anderer zu respektieren.
Warum nehmen Hunde ständig alles vom Boden auf? Oft, weil sie gelernt haben, so Aufmerksamkeit zu bekommen. Wir müssen ihnen beibringen: Was am Boden liegt, wird nicht gefressen. Und wir müssen lernen, auch kleine "Stellvertreterkonflikte" durchzustehen. Versucht der Hund, ein Leckerli zu stehlen, das uns gehört, ist ein konsequentes "Nein" wichtig, ohne beim ersten Winseln nachzugeben.
Die Rolle von Genetik und Individualität: Jeder Hund ist einzigartig
Vergessen wir nicht die genetische Veranlagung und den individuellen Charakter jedes Hundes. Jeder Hund wurde für bestimmte Aufgaben gezüchtet, und diese Anlagen prägen ihn. Ein Golden Retriever, ursprünglich für die Jagd gezüchtet, kann territoriale Tendenzen zeigen. Ein Dobermann hat ein anderes Wesen als ein Malteser. Auch bei kleineren Rassen wie Terriern, die für die selbstständige Arbeit in Bauen gezüchtet wurden, können sich Selbstständigkeit und Jagdtrieb in Ungeduld und Schwierigkeiten beim Entspannen äußern. Wichtig ist: Langjährige Erfahrung mit einer Rasse bedeutet nicht automatisch, dass wir jeden einzelnen Hund dieser Rasse vollständig verstehen. Der individuelle Charakter und die Lernerfahrungen spielen eine ebenso große Rolle. Gerade kleine Rassen wie Malteser können wahre Meister der Manipulation sein und genau wissen, wie sie ihren Willen durchsetzen. Wir dürfen nicht alle Hunde gleich behandeln, sondern müssen ihre individuellen Bedürfnisse und Anlagen berücksichtigen. Und ja, das soziale Lernen in den ersten Jahren kann herausfordernd sein. Es ist ein Teil des Erwachsenwerdens, und sowohl wir als auch unser Hund lernen ein Leben lang. Es liegt jedoch an uns, die gemeinsame Zeit von 10 bis 15 Jahren durch konsequente soziale Erziehung so harmonisch und entspannt wie möglich zu gestalten – angepasst an den jeweiligen Hund, seine Rasse, sein Alter, seinen Charakter und unsere alltäglichen Bedürfnisse.
Fazit: Soziale Erziehung und Ruhe sind unverzichtbar
Ein gut sozialisierter Hund, der gelernt hat, sich zu entspannen und Grenzen zu respektieren, ist ein glücklicherer und ausgeglichenerer Begleiter. Dies erreichen wir nicht durch ständige Belohnung und Drill, sondern durch konsequente soziale Erziehung, klare Grenzen und vor allem: indem wir unseren Hunden die Ruhe ermöglichen, die sie zur Verarbeitung ihrer Erlebnisse benötigen. Lasst uns aufhören, uns von unseren Hunden emotional beeinflussen zu lassen und ihnen stattdessen die klare Führung geben, die sie für ein sicheres und geborgenes Leben in unserer Welt brauchen. Denn nur wer Ruhe lernt, kann wirklich Vertrauen entwickeln und uns nicht zur Verzweiflung treiben.
6 Jahre Hundeschule Sarstedt
Sechs Jahre Hundeschule – Ein Traum wird Realität
Im Januar 2019 habe ich mir einen Traum erfüllt und meine eigene Hundeschule eröffnet. Heute, sechs Jahre später, ist dieser Traum Wirklichkeit geworden – auf eine Art und Weise, die ich mir damals kaum vorstellen konnte. Der Weg dorthin war geprägt von Wachstum, neuen Erkenntnissen und einer tiefen Verbindung zu Mensch und Tier.
Meine Reise begann als mobile Hundetrainerin im Kleingewerbe. Aufgrund meines persönlichen Werdegangs war es mir wichtig, langsam zu wachsen und Schritt für Schritt Erfahrungen zu sammeln. Schon nach sechs Monaten erhielt ich die Genehmigung für einen kleinen Hundeplatz am Wellweg. Dieser Ort bot mir die Möglichkeit, das Training mit Geräten zu erweitern und den Hunden sowie ihren Haltern neue Trainingsansätze anzubieten.
Bereits zu Beginn wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, den Hundehaltern wirklich zuzuhören und sie mental zu begleiten. Klassisches Gruppentraining stand anfangs im Mittelpunkt meiner Arbeit. Doch schon in den ersten zwei Jahren konnte ich viele Einblicke in unterschiedliche Trainingsansätze gewinnen. Diese neuen Perspektiven haben mein Training nachhaltig verändert.
Verantwortung zurückgeben: Mensch und Hund im Einklang
Im Laufe der Zeit fiel mir immer häufiger auf, dass viele Hunde eine emotionale Verantwortung für ihre Halter übernommen hatten, die sie überforderte. Meine Aufgabe war – und ist es bis heute – den Menschen dabei zu helfen, diese Verantwortung wieder selbst zu tragen. Nur so kann ein harmonisches Miteinander entstehen, das Hund und Halter guttut.
Ein guter Hundetrainer hat nicht nur das Verhalten der Hunde im Blick, sondern achtet auch auf deren Gesundheit. Themen wie Ernährung und die richtige Auswahl von Geschirren oder Halsbändern sind zentrale Aspekte meiner Arbeit. In der Anfangszeit musste ich bei speziellen Bedürfnissen, wie etwa der Maulkorb-Auswahl, oft auf das Internet verweisen.
Ein starkes Team: Betty und das Mantrailing
Relativ schnell nach der Gründung meiner Hundeschule wurde mein Team durch Betty ergänzt. Sie brachte nicht nur ihre Expertise im Mantrailing mit, sondern auch eine große Leidenschaft für diese besondere Art der Auslastung. Mit viel Herzblut und Engagement übernahm sie den Bereich vollständig und baute in kürzester Zeit vier erfolgreiche Gruppen auf.
Betty hat nicht nur ein Auge für die Bedürfnisse der Hunde, sondern auch für kreative und unvergessliche Trainingsmöglichkeiten. Neben regelmäßigen Trailevents, wie in St. Peter-Ording (SPO), plant sie für 2025 ein besonderes Highlight: Trailevents auf Texel. Zudem tüftelt sie ständig an neuen, anspruchsvollen Trails, die die Hunde fordern und ihren Haltern bleibende Erlebnisse schenken.
Mantrailing ist eine hervorragende Möglichkeit, Hunde kognitiv auszulasten. Besonders für unsichere Hunde oder solche, die einen Maulkorb tragen müssen, bietet diese Art des Trainings eine sinnvolle und erfüllende Beschäftigung. Dabei spielt das Alter des Hundes keine Rolle – jeder kann seine Stärken einbringen und gemeinsam mit seinem Halter über sich hinauswachsen.
Mit Bettys Unterstützung konnte ich das Angebot der Hundeschule nicht nur erweitern, sondern auch individueller gestalten. Mantrailing ist mehr als nur eine Trainingsmethode – es stärkt die Bindung zwischen Hund und Halter und bringt oft unerwartete Talente ans Licht.
Betty ist ein unverzichtbarer Teil unseres Teams, und mit ihrer kreativen, liebevollen und professionellen Art bereichert sie nicht nur die Hundeschule, sondern auch das Leben unserer Kunden und ihrer Hunde.
Heike und die Zukunft der Hundeschule: Tierschutzhunde und Freilaufgruppen im Fokus
Vor zwei Jahren begann Heike ihre Ausbildung zur Hundetrainerin und ist seither auch ein unverzichtbarer Teil unseres Teams. Ihr Weg als Hundetrainerin ist längst nicht abgeschlossen – im Gegenteil: Neben ihrer Leidenschaft für das Gruppentraining schlägt ihr Herz besonders für Tierschutzhunde und Freilaufgruppen. Diese Bereiche sind nicht nur ein persönliches Anliegen von ihr, sondern auch eine wertvolle Ergänzung zu unserem bestehenden Angebot.
Tierschutzhunde bringen oft eine besondere Geschichte mit. Viele von ihnen haben traumatische Erlebnisse hinter sich oder müssen sich erst an ein Leben in einer neuen Umgebung gewöhnen. Heike sieht ihre Aufgabe darin, diesen Hunden und ihren Haltern einen Weg zu zeigen, wie sie gemeinsam eine stabile und vertrauensvolle Beziehung aufbauen können. Durch ihre einfühlsame und professionelle Art schafft sie es, auch bei herausfordernden Fällen neue Perspektiven aufzuzeigen.
Ein weiterer Schwerpunkt, den Heike in Zukunft verstärken möchte, sind Freilaufgruppen. Diese bieten Hunden die Möglichkeit, sich kontrolliert und in einem sicheren Rahmen mit Artgenossen zu bewegen und auszutauschen. Gleichzeitig lernen die Halter, das Verhalten ihrer Hunde besser zu verstehen und in verschiedenen Situationen souverän zu reagieren.
Ich bin überzeugt, dass Heike in den kommenden Monaten diese Angebote weiter ausbauen wird. Mit ihrem Engagement und ihrer Expertise erweitert sie nicht nur das Tätigkeitsfeld der Hundeschule, sondern bereichert auch unser Team und die Kunden, die wir begleiten dürfen.
Mit einem klaren Fokus auf individuelle Bedürfnisse und die Förderung von Mensch-Hund-Beziehungen wird Heike eine noch größere Rolle in unserer Hundeschule spielen – ein Gewinn für uns alle!
Der Schritt zum Campus
Während wir gemeinsam wuchsen, wurde immer deutlicher, dass wir an räumliche Grenzen stießen. Vor allem für die persönliche Beratung und den Verkauf von Maulkörben, hochwertigen Kauartikeln und Hundegeschirren fehlten uns Lagerkapazitäten und geeignete Räume.
Als das Gebäude auf dem Grundstück des Hundeplatzes frei wurde, ergriff ich die Chance, das gesamte Gelände zu mieten. So entstand der Campus – ein Ort, der für mich die Bedeutung eines zentralen Ortes des Lernens und Lehrens, Förderns und des Forderns und Austauschs trägt. Der Campus sollte Raum für vielfältige Themen bieten, die sich rund um das Wohl von Hund und Mensch drehen.
Der Campus ist mehr als ein Hundeplatz – er vereint zahlreiche Angebote unter einem Dach:
- Gesundheit des Hundes: Physiotherapie, Ernährungsberatung und ganzheitliche Tierheilpraktik gehören zu unserem erweiterten Spektrum.
- Sachkundenachweis: Theorie und Praxis finden hier ebenso Platz wie persönliche Beratungen.
- Maulkorb- und Geschirrberatung: Der Campus ermöglicht es, in Ruhe und mit individueller Unterstützung die passende Ausstattung für den Hund zu finden.
- Seminare, Vorträge und Workshops: Der Seminarraum bildet das Herzstück des Campus. Hier können wir wetterunabhängig trainieren, Fitnessübungen durchführen und unsere Veranstaltungen organisieren.
Neue Wege in der Hundeschule
Mit den Möglichkeiten des Campus eröffnen sich neue Wege für unser Training. Besonders wichtig ist mir, Menschen mit psychischen Erkrankungen zu stärken und sie auf ihrem Weg mit ihrem Hund zu begleiten. Die erste Veranstaltung zu diesem Thema – ein Vortrag eines Heilpraktikers für psychische Erkrankungen – war ein erster Schritt. Dieser Ansatz wird 2025 weiter ausgebaut, da ich aus eigener Erfahrung weiß, welchen bedeutenden Beitrag Hunde zur Genesung leisten können.
Der Campus ist auch ein Ort für andere Berufe aus der Hundebranche. Hier können Experten Workshops und Seminare anbieten oder durch Kooperationen mit uns zusammenarbeiten. Die Möglichkeit zur Anmietung schafft Raum für innovative Projekte und den Austausch in der Branche.
Ich brenne für neue Ideen und Wege. Der Campus ist für mich nicht nur ein persönlicher Erfolg, sondern auch ein Ort, der zeigt, was möglich ist, wenn Leidenschaft, Wissen und Engagement zusammenkommen. Die Vision, einen Ort des Lernens, Förderns und des Miteinanders zu schaffen, hat Gestalt angenommen – und ich freue mich darauf, gemeinsam mit unserem Team und unseren Kunden die nächsten Schritte zu gehen.
Der Campus steht für Wachstum, Zusammenarbeit und vor allem für das Wohl von Hund und Mensch. Ich lade alle ein, Teil dieser Vision zu werden und mitzuerleben, wie Träume Wirklichkeit werden.
Die letzten sechs Jahre waren eine spannende Reise. Von den ersten Schritten als mobile Hundetrainerin bis hin zur Etablierung eines festen Standorts und der Erweiterung des Teams habe ich viel gelernt. Mein größtes Ziel bleibt es, Hunde und ihre Halter auf ihrem gemeinsamen Weg zu begleiten und eine Beziehung zu fördern, die von Verständnis, Vertrauen und gegenseitiger Verantwortung geprägt ist.
Ich freue mich auf die nächsten Jahre und all die Herausforderungen, die sie mit sich bringen werden. Denn eines ist sicher: Mein Traum lebt weiter!