Wenn du weißt, wo du hingehst – Orientierung beginnt bei dir
Wenn du weißt, wo du hingehst – Orientierung beginnt bei dir
Manchmal sind es die einfachsten Dinge, die im Zusammenleben mit dem Hund den größten Unterschied machen. Orientierung ist so ein Thema – unsichtbar, leise und doch entscheidend. Hunde brauchen keine perfekten Kommandos, keine ständige Kontrolle, sondern jemanden, der weiß, wo es langgeht. Jemanden, der klar in seinem Handeln ist, in seiner Haltung und in seiner Energie.
Wenn du weißt, wo du hingehst, hat dein Hund die Möglichkeit, sich an dir zu orientieren. Diese einfache Aussage beschreibt eines der zentralen Prinzipien im Miteinander: Dein Hund liest dich – jede Bewegung, jeden Blick, jeden Atemzug. Er nimmt wahr, ob du innerlich klar oder unsicher bist, ob du „führst“ oder dich führen lässt.
Du hältst das Lenkrad – nicht dein Hund
Stell dir vor, du sitzt am Steuer deines Autos. Du hast das Lenkrad in der Hand, bestimmst Geschwindigkeit und Richtung. Dein Auto folgt dir – nicht andersherum. Wenn du weißt, wohin du willst, kommt ihr beide sicher ans Ziel.
Jetzt stell dir vor, du würdest beim Fahren den Blick senken, in den Fußraum schauen oder ständig in den Rückspiegel blicken. Was passiert? Du verlierst den Fokus. Das Auto reagiert trotzdem – aber nicht zielgerichtet, sondern zufällig.
Genauso erlebt es dein Hund. Wenn du auf einem Spaziergang unklar bist, ständig zwischen möglichen Reizen hin und her schaust oder dich auf das konzentrierst, was passieren könnte, fehlt ihm die Orientierung. Er versucht, zu übernehmen – nicht aus Trotz, sondern weil er sich allein gelassen fühlt.
Wohin dein Blick geht, dahin geht dein Hund
Hunde sind wahre Meister im Lesen nonverbaler Signale. Sie achten auf das, was wir selbst kaum bewusst wahrnehmen: Blickrichtung, Körperhaltung, Spannung, Atmung.
Wenn du beim Spazierengehen einen anderen Hund siehst und ihn anstarrst, spürt dein Hund das sofort. Du richtest deine gesamte Aufmerksamkeit auf den „Konfliktpunkt“. Damit sagst du ihm unbewusst: „Achtung, da ist etwas Wichtiges!“
Und genau dann reagiert er – mit Anspannung, Unsicherheit oder vielleicht sogar Bellen.
Versuch stattdessen einmal, am Auslöser vorbeizuschauen. Nicht in Ignoranz, sondern in bewusster Führung. Dein Blick bleibt offen, weich, aber zielgerichtet. Du entscheidest: Wir gehen da lang.
So lenkst du den Fokus auf das Ziel, nicht auf das Problem. Und dein Hund kann dir folgen, weil du den Weg vorgibst – ruhig, klar und selbstverständlich.
Innere Klarheit ist der Kompass deines Hundes
Orientierung ist mehr als ein räumliches Konzept. Sie entsteht aus deiner inneren Haltung. Wenn du im Kopf und im Herzen weißt, wohin du willst, überträgt sich das auf deinen Hund.
Viele Halter kennen den Moment, wenn der Hund plötzlich „mitläuft“, ohne dass man viel tun muss. Kein Ziehen, kein Zerren – einfach fließen. Das ist der Moment, in dem Orientierung stimmt.
Nicht, weil du lauter oder strenger warst, sondern weil du klar warst.
Unklare Führung wirkt auf Hunde wie ein unruhiges Signal. Sie spüren Unsicherheit und versuchen, sie auszugleichen – oft durch Eigeninitiative, die wir dann als „Problemverhalten“ interpretieren. Doch das Verhalten ist nur das Symptom einer fehlenden Richtung.
Ein Perspektivwechsel für den Alltag
Nimm dir beim nächsten Spaziergang vor, bewusst zu lenken.
Schau dorthin, wo du hingehen willst. Nicht zum anderen Hund, nicht zur Ablenkung, sondern zum Weg, den du wählst.
Bleib ruhig im Körper. Dein Hund spürt jede Anspannung. Ein kurzer Atemzug genügt, um wieder in deine Mitte zu kommen.
Vertraue deiner Entscheidung. Wenn du dich innerlich festlegst, folgt dein Hund – auch ohne viele Worte.
Beobachte, was sich verändert: Plötzlich wird der Hund ruhiger, seine Leine lockerer, der Blick weicher. Nicht, weil du ihn kontrollierst, sondern weil er deine Sicherheit spürt.
Orientierung schafft Beziehung
Das Ziel ist keine blinde Gefolgschaft. Es geht um Beziehung auf Augenhöhe, um Vertrauen, das in beide Richtungen fließt.
Ein Hund, der sich orientieren darf, fühlt sich sicher. Er kann Verantwortung abgeben, sich entspannen und in seinem Menschen Halt finden.
Und du? Du gewinnst Gelassenheit. Denn du musst nicht ständig reagieren, sondern darfst führen – ruhig, klar und mit Präsenz.
Fazit: Führung beginnt im Inneren
Wenn du weißt, wo du hingehst, wenn du das „Lenkrad“ deines Alltags in der Hand behältst, schenkst du deinem Hund das, was er am meisten braucht: Orientierung.
Dein Blick zeigt den Weg, dein Körper gibt die Richtung, deine Haltung schafft Sicherheit.
Denn Führung heißt nicht, lauter oder stärker zu sein. Führung heißt, klar zu wissen, wohin du willst – und dass dein Hund dir folgen darf.
Wenn Hunde älter werden
Wenn Hunde älter werden – über Veränderung, Vertrauen und das gemeinsame Weitergehen
Manchmal kommt der Moment ganz still. Du siehst deinen Hund an – denselben treuen Begleiter, der dich jahrelang voller Energie durchs Leben getragen hat – und plötzlich bemerkst du, dass etwas anders ist. Sein Blick ist weicher geworden, sein Gang vorsichtiger, seine Ruhe tiefer.
Du spürst, dass sich etwas verändert hat. Nicht schlagartig, sondern leise, fast unbemerkt.
Und in diesem Augenblick begreifst du: Die gemeinsame Zeit ist nicht weniger wertvoll geworden. Sie ist nur anders – ruhiger, bewusster, zärtlicher.
Das Älterwerden deines Hundes ist kein Ende einer Geschichte, sondern der Beginn eines neuen Kapitels.
Eines, das von Vertrauen, Hingabe und echtem Dasein erzählt.
Ein Kapitel, in dem du nicht mehr der Trainer, sondern der Begleiter bist. Nicht mehr der, der anführt – sondern der, der hält.
Es beginnt still. Fast unbemerkt. Ein graues Haar, das sich ins Fell schleicht. Ein längeres Verharren, bevor er aufsteht. Ein Blick, der uns tiefer trifft, weil er etwas in sich trägt, das uns an Vergänglichkeit erinnert. Der Hund, der uns über Jahre begleitet hat, wird älter. Es ist ein Prozess, der uns berührt, manchmal schmerzt – und zugleich unglaublich bereichert. Denn mit jedem Jahr wächst etwas, das wir kaum in Worte fassen können: Nähe, Vertrauen, Verständnis.
Das Altern unserer Hunde ist kein Bruch, sondern eine sanfte Veränderung. Der Körper braucht mehr Zeit, um sich zu bewegen, die Sinne werden leiser, und auch der Geist sucht mehr Ruhe. Dinge, die früher selbstverständlich waren – ein Sprung ins Auto, ein wilder Lauf über die Wiese, ein freudiges Aufspringen beim Heimkommen – werden seltener. Stattdessen treten neue Bedürfnisse in den Vordergrund: Sicherheit, Vorhersehbarkeit, Geborgenheit. Unser Hund signalisiert sie uns auf seine Weise, manchmal durch Rückzug, manchmal durch anhänglicheres Verhalten, manchmal einfach durch einen anderen Rhythmus.
Jetzt ist die Zeit, in der wir wirklich hinhören dürfen. Die Zeit, in der wir lernen, Stille zu lesen und Gesten zu verstehen. Es ist keine Schwäche, wenn der Hund langsamer wird. Es ist Ausdruck seines Lebens, seiner Erfahrung, seiner Geschichte. Sensibilität bedeutet, diese Veränderungen nicht zu übersehen oder zu korrigieren, sondern sie anzunehmen – als Teil des gemeinsamen Weges.
Auch wenn die körperliche Energie nachlässt, bleibt der Wunsch nach Bewegung, nach Kontakt, nach Miteinander. Bewegung im Alter ist nicht mehr Leistung, sondern Erhalt. Sie schenkt dem Hund Lebensfreude, Körpergefühl und geistige Klarheit. Spaziergänge werden langsamer, bewusster. Es ist nicht wichtig, wie weit man geht, sondern wie verbunden man dabei bleibt. Manchmal genügt ein kurzer Weg mit vielen Pausen, um die Welt neu zu entdecken – über Gerüche, Wind, Sonne, Erde.
Kleine Balanceübungen oder sanfte Dehnungen helfen, die Muskulatur zu erhalten. Suchspiele aktivieren die Nase und den Geist. Der Hund darf lernen, sich wieder mit seinem Körper zu verbinden, und wir dürfen lernen, diese Momente mit Geduld und Freude zu begleiten. Bewegung ist in dieser Lebensphase weniger Training als vielmehr Kommunikation – ein stiller Austausch zwischen Körpern, die einander seit Jahren kennen und verstehen.
Doch Altern betrifft nicht nur die Beweglichkeit. Auch im Inneren verändert sich vieles. Der Stoffwechsel verlangsamt sich, Gelenke werden empfindlicher, das Immunsystem arbeitet anders. Jetzt ist es besonders wichtig, auf Gesundheit und Ernährung zu achten. Regelmäßige Untersuchungen beim Tierarzt helfen, kleine Veränderungen früh zu erkennen, bevor sie zum Problem werden. Schmerzen, Lahmheiten oder Unruhe sind keine „Alterserscheinungen“, die man hinnehmen muss – sie sind Signale, die gehört werden wollen.
Eine angepasste Ernährung unterstützt den Körper in dieser Phase. Hochwertige Proteine helfen, Muskulatur zu erhalten, während leicht verdauliche Zutaten den Verdauungstrakt schonen. Gelenkunterstützende Stoffe wie Glucosamin, Omega-3-Fettsäuren oder Grünlippmuschel können Beweglichkeit und Wohlbefinden fördern. Wasser ist wichtiger denn je – ältere Hunde trinken oft zu wenig. Auch kleine, häufige Mahlzeiten statt einer großen Fütterung am Tag können den Körper entlasten.
Pflege und Berührung spielen eine ebenso große Rolle. Ein weiches Bett, das Gelenke schont, regelmäßiges Bürsten, sanfte Massagen, wohlige Wärme – all das sind kleine Gesten, die großes bewirken. Sie zeigen dem Hund: Du bist gesehen, du bist wertvoll, du bist geborgen. Pflege wird zur Sprache der Zuneigung.
Mit zunehmendem Alter verändern sich auch Wahrnehmung und Verhalten. Viele Hunde sehen oder hören schlechter, ihre Umwelt wirkt unübersichtlicher. Sie können plötzlich ängstlicher reagieren oder unsicherer in neuen Situationen sein. Das ist kein Rückschritt, sondern eine Folge der veränderten Sinneswelt. Unser Verhalten bekommt dadurch noch mehr Bedeutung. Unsere Ruhe, unsere Beständigkeit und unser liebevoller Tonfall geben Sicherheit. Wenn die Außenwelt leiser oder verschwommener wird, ist es umso wichtiger, dass unsere Beziehung klar und stabil bleibt.
Routinen helfen dem Hund, sich zu orientieren: feste Zeiten für Spaziergänge, gleichbleibende Rituale beim Füttern, vertraute Wege und bekannte Orte. Auch die Wohnung sollte übersichtlich bleiben – vertraute Liegeplätze und keine großen Umstellungen geben ihm Halt. Wir dürfen uns bewusst machen: Was für uns selbstverständlich wirkt, kann für einen alten Hund eine Herausforderung sein. Ein rutschiger Boden, ein plötzliches Geräusch, eine unerwartete Berührung – all das kann Unsicherheit auslösen. Achtsamkeit im Alltag ist der Schlüssel, damit er sich sicher und geborgen fühlt.
Mit dem Altern verändert sich aber nicht nur der Hund, sondern auch unsere Beziehung zu ihm. Die wilde, energiegeladene Zeit weicht einer Phase der Tiefe. Statt Action steht Nähe im Vordergrund. Manchmal ist es nur das gemeinsame Sitzen auf der Wiese, das gegenseitige Atmen, das stille Wissen: Wir sind verbunden. Alte Hunde bringen eine Ruhe mit sich, die uns lehrt, innezuhalten. Sie zwingen uns, das Tempo des Lebens zu drosseln – und zeigen uns, wie viel Frieden darin liegt.
Es kann Momente geben, in denen uns die Vergänglichkeit schmerzlich bewusst wird. Wenn wir merken, dass unser Hund nicht mehr so lange laufen kann, dass seine Schritte zögerlicher werden, dass seine Augen müder schauen. Diese Momente sind schwer, weil sie etwas in uns berühren, das mit Liebe und Loslassen zu tun hat. Doch gerade darin liegt die Tiefe dieser Lebensphase. Es geht nicht mehr darum, etwas zu erreichen oder zu trainieren – es geht darum, einfach da zu sein. Zu spüren, zu begleiten, zu danken.
Alte Hunde sind stille Lehrer. Sie erinnern uns daran, dass Liebe nichts mit Aktivität, sondern mit Präsenz zu tun hat. Dass Fürsorge bedeutet, jemanden zu sehen, ohne etwas zu erwarten. Dass Geduld ein Akt der Liebe ist. Und dass Loslassen kein Versagen ist, sondern Vertrauen in das Leben.
Wer mit einem alten Hund lebt, weiß, dass jeder Tag ein Geschenk ist. Nicht, weil er perfekt ist, sondern weil er gemeinsam ist. Diese Hunde lehren uns, dass Zärtlichkeit stärker ist als Energie, dass Nähe mehr bedeutet als Bewegung, und dass das Herz manchmal lauter spricht als Worte.
Das Leben mit einem alten Hund ist eine Schule der Achtsamkeit. Es zeigt uns, was wirklich zählt – Verbundenheit, Vertrauen und die Fähigkeit, im Moment zu sein. Wenn wir bereit sind, diese Reise bewusst zu gehen, dann verändert sie auch uns. Wir werden ruhiger, weicher, dankbarer. Wir lernen, dass Liebe nicht vergeht, sondern sich wandelt. Und vielleicht ist das das größte Geschenk, das ein alter Hund uns machen kann: Er zeigt uns, dass das, was bleibt, immer Liebe ist.
Respektvoll mit Hund
🚶♀️ Das Problem mit der Selbstverständlichkeit
Viele Hundebesitzer sind so sehr auf ihr eigenes Tier konzentriert, dass sie das Umfeld ausblenden. Es wird automatisch angenommen, dass alle anderen den Kontakt genauso angenehm finden. Doch das ist ein Trugschluss.
Nicht jeder möchte, dass ein fremder Hund auf ihn zustürmt, an ihm hochspringt oder seinen eigenen Hund anschnüffelt. Gründe dafür gibt es viele:
– persönliche Grenzen
– Angst oder schlechte Erfahrungen
– Allergien
– oder schlicht, weil gerade Training, Arbeit oder Ruhe angesagt ist.
Diese Selbstverständlichkeit zieht sich durch viele Lebensbereiche mit Hund.
Einige alltägliche Beispiele:
🐶 Auf fremden Grundstücken:
Manche Hunde werden einfach „mal eben“ aufs Nachbargrundstück gelassen oder laufen beim Spaziergang über private Wiesen. Auch wenn der Hund nur „mal schnüffeln“ will – für den Grundstücksbesitzer ist das eine Grenzüberschreitung.
🚗 Autos anpinkeln:
Ein weiterer Klassiker: Der Hund hebt am Autoreifen eines Fremden das Bein. Für viele Halter „nicht schlimm“ – für den Autobesitzer ein Ärgernis. Respekt bedeutet hier, darauf zu achten, wo sich der Hund löst.
🌿 Lösen auf fremden Flächen:
Wiesen, Einfahrten oder Vorgärten sind keine Hundetoiletten. Auch wenn es „nur ein bisschen Gras“ ist – für den Eigentümer ist es sein gepflegter Bereich. Hundekot gehört aufgenommen, und auch Urin hat auf fremdem Eigentum nichts zu suchen.
💬 Warum Rücksichtnahme so wichtig ist
Rücksicht und Respekt sind die Basis für ein harmonisches Miteinander – nicht nur unter Menschen, sondern auch im Zusammenspiel mit Hunden.
Im Hundetraining ist Rücksicht besonders entscheidend: Wenn ein anderer Hund ungefragt Kontakt aufnimmt, kann das Training gestört oder sogar komplett zunichtegemacht werden.
Ein Hund, der gerade an seiner Impulskontrolle oder Leinenführigkeit arbeitet, braucht Konzentration – und keinen ungebetenen Spielpartner.
Ein kurzer Moment der Achtsamkeit, eine höfliche Frage wie
„Ist es in Ordnung, wenn mein Hund kurz zu Ihnen kommt?“
– das genügt, um Missverständnisse zu vermeiden und gegenseitigen Respekt zu zeigen.
🔄 Die Perspektive wechseln – Empathie zeigen
Versuchen wir, uns in das Gegenüber hineinzuversetzen:
Wie würde ich mich fühlen, wenn jemand einfach entscheidet, was ich möchte oder brauche?
Empathie bedeutet, nicht nur auf die eigenen Bedürfnisse oder die des Hundes zu achten, sondern auch auf die der anderen – ob Mensch oder Tier. Ein „Nein“ zu akzeptieren ist kein Affront, sondern Ausdruck von Respekt.
❤️ Mein Appell an alle Hundebesitzer
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Fragen Sie, bevor Ihr Hund Kontakt zu anderen Menschen oder Hunden aufnimmt.
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Akzeptieren Sie, wenn jemand Nein sagt – ohne beleidigt zu sein.
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Achten Sie darauf, wo Ihr Hund sich löst oder markiert – insbesondere auf fremdem Eigentum.
-
Bleiben Sie achtsam: Nicht jeder liebt Hunde, und das ist in Ordnung.
🌈 Fazit: Rücksicht ist keine Schwäche – sie ist Stärke
Hundetraining ist nicht nur Arbeit mit dem Tier, sondern auch mit sich selbst und dem Umfeld.
Wer achtsam, respektvoll und empathisch handelt, schafft die Grundlage für ein friedliches Miteinander – egal ob mit oder ohne Hund.
Rücksichtnahme ist kein Verzicht, sondern ein Gewinn für alle.
Partnerschaft entsteht, wenn Nähe freiwillig wird
Was in der Nähe und Statik nicht funktioniert, wird uns in der Distanz und Energie auf die Füße fallen
Die Kunst der Konsequenz – warum Eindeutigkeit mehr Orientierung schafft als Strafe
Wir wünschen uns, dass unsere Hunde zuverlässig auf uns reagieren – ob beim Rückruf, an der Leine oder im Freilauf. Doch viele Missverständnisse entstehen nicht in der Distanz, sondern ganz nah: im Alltag, in den kleinen Momenten, in denen wir unklar werden.
Denn was in der Nähe und Statik – also in Ruhe und Alltagssituationen – nicht funktioniert, wird uns in der Distanz und Energie – also bei Bewegung, Aufregung und Freiheit – auf die Füße fallen.
Konsequenz bedeutet hier nicht Strenge, sondern Eindeutigkeit. Sie ist der Schlüssel, mit dem wir unseren Hunden Orientierung geben, ohne sie zu verunsichern oder zu bestrafen.
Konsequenz ist Eindeutigkeit, nicht Strafe
Viele Menschen verwechseln Konsequenz mit Härte oder Strafe. Doch das Gegenteil ist der Fall: Konsequenz ist ein Ausdruck von Klarheit – und Klarheit schafft Sicherheit.
Wenn ich meinem Hund sage: „Bleib hier“, dann sollte das für ihn eindeutig sein. Wenn ich es dann doch zulasse, dass er sich entfernt, entsteht ein Widerspruch zwischen Wort und Handlung. Für uns mag das harmlos erscheinen – für den Hund ist es verwirrend.
Ein Hund lernt nicht aus unserer Absicht, sondern aus dem, was tatsächlich passiert. Wenn wir also etwas erlauben, obwohl wir „Nein“ gesagt haben, lernt er:
„Meine Bezugsperson meint nicht, was sie sagt.“
Das hat nichts mit mangelndem Gehorsam zu tun, sondern mit fehlender Eindeutigkeit.
Warum Unklarheit für Hunde Stress bedeutet
Hunde sind Meister im Lesen unserer Körpersprache und Energie. Sie spüren sofort, wenn unsere Haltung nicht zu unseren Worten passt.
Ein Beispiel:
Wir sagen „Sitz“, der Hund steht auf – und wir reagieren nicht. Für den Hund bedeutet das: „Sitz“ ist ein loses Angebot.
Beim nächsten Mal steht er wieder auf – und wir werden lauter oder ungeduldig. In diesem Moment entsteht Verwirrung, nicht Orientierung.
Ein klarer Mensch hingegen bleibt ruhig, steht zu seiner Aussage und sorgt mit kleiner, ruhiger Körpersprache dafür, dass der Hund wieder ins „Sitz“ zurückkehrt. Kein Schimpfen, kein Druck – nur Eindeutigkeit. Das ist Konsequenz in ihrer reinsten Form: ruhig, klar, vorhersehbar.
Von Hunden lernen: Konsequenz als natürliche Kommunikation
Unter Hunden gibt es keine Strafen im menschlichen Sinn. Es gibt klare, rechtzeitige Korrekturen – kleine Impulse, die Orientierung schaffen, bevor etwas aus dem Ruder läuft.
Ein Blick, ein kurzes Abblocken, eine Veränderung der Körperhaltung – mehr braucht es oft nicht. Diese Signale sind energetisch eindeutig und deswegen so effektiv.
Wenn wir lernen, ähnlich klar und frühzeitig zu reagieren, schaffen wir dieselbe Sicherheit. Konsequenz ist also keine emotionale Reaktion, sondern ein bewusster Ausdruck von Führung und Achtsamkeit.
Konsequenz schafft Vertrauen – und echte Verbindung
Ein Hund, der weiß, was sein Mensch meint, kann sich entspannen.
Er muss nicht ständig ausprobieren, was gilt und was nicht.
Konsequenz bedeutet:
- Ich meine, was ich sage.
- Ich handle entsprechend.
- Ich bleibe ruhig, egal, was passiert.
Diese innere Haltung überträgt sich auf den Hund. Sie macht uns verlässlich – und Verlässlichkeit ist das Fundament jeder Beziehung.
Konsequenz baut Vertrauen, weil sie vorhersehbar und fair ist.
Und genau hier liegt die beste langfristige Belohnung:
Nicht der Keks, nicht das Spielzeug – sondern das Gefühl, als echtes Team miteinander zu laufen.
Wenn Hund und Mensch in gleicher Energie, mit gegenseitigem Vertrauen und klarer Kommunikation unterwegs sind, ist das die tiefste Form von Belohnung, die es geben kann.
Arbeit in der Nähe als Fundament für Distanzarbeit
Wenn ein Hund in der Nähe nicht ruhig und aufmerksam sein kann, wird er in der Distanz kaum ansprechbar sein.
Deshalb beginnt Orientierung immer im Kleinen:
- In der Ruhe.
- In klaren Momenten.
- In Situationen, in denen wir Eindeutigkeit üben können.
Hunde leben und agieren in Räumen.
Und was gibt es Schöneres, als wenn ein Hund sich frei bewegen darf – ohne Leine, ohne Druck – und sich trotzdem freiwillig nicht weiter als fünf bis zehn Meter entfernt, weil wir ihm wichtig sind.
Er bleibt in unserem Raum, nicht aus Zwang, sondern aus Verbundenheit.
Das ist gelebte Orientierung: der Hund hält Kontakt, weil er will, nicht weil er muss.
Wenn wir in der Nähe konsequent – also eindeutig – sind, entsteht diese Stabilität. Und genau sie trägt uns, sobald Energie, Bewegung oder Reize ins Spiel kommen.
Fazit: Eindeutigkeit ist die wahre Konsequenz
Konsequenz ist kein Machtinstrument, sondern eine Form von Respekt und Verantwortung.
Sie sagt: „Ich führe dich klar, damit du dich sicher fühlst.“
Wer in der Nähe eindeutige Botschaften sendet, bekommt auf Distanz eindeutige Antworten.
Wer in der Ruhe klar bleibt, behält auch in Bewegung die Verbindung.
Wer in seiner inneren Haltung konsequent ist, führt mit Herz – und schafft eine Beziehung, die auf Vertrauen und Klarheit ruht.
Denn am Ende zählt nicht, wie laut oder streng wir sind, sondern wie klar und verlässlich wir handeln.
Was in der Nähe unklar bleibt, wird uns in der Distanz begegnen –
doch was in der Nähe klar wird, trägt uns als Team durchs Leben.
Reaktive Hunde – verstehen statt zu brechen
Reaktive Hunde – verstehen statt zu brechen
Warum falsche Trainingsansätze gefährlich sind
Reaktive Hunde begegnen mir in meiner Arbeit beinahe täglich. Es sind Hunde, die schon bei den kleinsten Auslösern überreagieren, die kaum zur Ruhe kommen, die in einer eigentlich normalen Umwelt wie in einem Sturm stehen. Und ich sehe jedes Mal nicht nur die Hunde, die innerlich verzweifeln, sondern auch die Halter, die müde, erschöpft und emotional am Ende sind, weil sie ihrem Hund helfen wollen – aber immer wieder in Sackgassen geraten. Dieses Thema liegt mir deshalb so sehr am Herzen, weil es hier um mehr geht als um Training. Es geht um das emotionale Wohl dieser Hunde, um ihre Lebensqualität – und um die Menschen, die sie begleiten.
Was bedeutet Reaktivität wirklich?
Reaktivität ist nicht einfach „Bellen an der Leine“ oder „Ungehorsam“. Es bedeutet, dass ein Hund Reize aus seiner Umwelt viel stärker wahrnimmt und darauf intensiver reagiert als andere. Für reaktive Hunde fühlt sich ein Spaziergang so an, als würden sie gleichzeitig in einem lauten Konzert, auf einem Jahrmarkt und in einem Gewitter stehen – und das jeden Tag. Jedes Geräusch, jede Bewegung, jeder Geruch kann ein Auslöser sein. Für den Menschen sieht das dann aus wie Bellen, Zerren, Knurren, Zittern oder Ausrasten. Für den Hund ist es blanke Überforderung.
Das Wichtigste ist: Ein reaktiver Hund ist nicht böse, nicht dominant, nicht stur. Er ist sensibel. Er ist überfordert. Seine Stress-Ampel springt viel schneller auf Rot als bei anderen. Er kann Reize nicht sortieren, nicht filtern, nicht verarbeiten. Und während andere Hunde entspannt an einem Radfahrer vorbeigehen, bricht für ihn die Welt zusammen.
Die unsichtbare Last
Was mich so bewegt: Diese Hunde leiden still. Sie stehen unter einer ständigen inneren Anspannung, die sie zermürbt. Schlaflosigkeit, ständige Wachsamkeit, fehlende Erholung – das alles frisst an ihrem Nervensystem. Und auch die Menschen leiden. Viele Halter fühlen sich schuldig, beschämt, überfordert. Sie hören von allen Seiten, sie hätten ihren Hund „nicht im Griff“. Fremde rufen ihnen beim Spaziergang zu, sie müssten den Hund „endlich mal erziehen“. In Social Media lesen sie Kommentare, die verurteilen, statt Verständnis zu zeigen. Und sie greifen nach jedem Strohhalm – aus Liebe zum Hund. Aber oft sind diese Strohhalme falsch.
Falsche Wege, die noch mehr zerstören
Immer wieder sehe ich Hunde, die durch falsche Trainingsmethoden noch tiefer in ihrer Not gefangen sind. Welpenspielgruppen, die chaotisch und überladen sind, sollen „sozialisieren“. Für sensible Hunde sind sie nichts als Panik pur. Zwangsmaßnahmen wie Festbinden, Werfen von Gegenständen oder Durchprügeln durch schwierige Situationen hinterlassen tiefe Spuren. Auch scheinbar positive Ansätze können schaden: Hunde, die permanent mit Keksen überhäuft werden, lernen nicht, mit ihren Gefühlen umzugehen. Sie hängen in einer Erwartungsschleife fest. Bleibt die Belohnung aus, kippen sie. Sie lernen nicht Selbstkontrolle, sondern noch mehr Abhängigkeit. Und so landen viele Hunde mit einem zusätzlichen Stempel: „aggressiv“, „unerzogen“, „Problemhund“. Dabei sind sie einfach verzweifelt.
Mich ärgert ein Missverständnis besonders
Was mich immer wieder ärgert, ist die Behauptung, dass Raumverwaltung aversives Training sei. Gerade für reaktive Hunde ist es wichtig, dass wir Menschen ihnen helfen, indem wir die imaginären Räume bewusst verwalten und klein halten. Was nützt es einem Hund, der aus purer Überforderung wie ein Brummkreisel um den Menschen herumrennt? Richtig: nichts. Wenn ich ihm aber kleinschrittig zeige, wie er damit besser klarkommen kann, bekommt er ein Stück Lebensgefühl zurück.
Diese Hunde haben ohnehin schon Schwierigkeiten, ihre Impulse zu kontrollieren. Aus Überforderung und Unsicherheit zeigen sie oft Signale von Kontrollverlust. Ein Hochspringen bedeutet nicht automatisch Freude – in meiner Arbeit ist es das selten. In den meisten Fällen signalisiert der Hund deutlich, dass er mehr Abstand braucht. Schaut doch bitte genauer hin: Was zeigt der Hund wirklich? Welches Bedürfnis steckt hinter seinem Verhalten? Raumverwaltung ist in diesem Zusammenhang keine Strafe, sondern Unterstützung und Sicherheit.
Körperliche Folgen von Dauerstress
Es gibt auch Hunde, die in Momenten des völligen Kontrollverlusts aggressives Verhalten gegenüber ihrem eigenen Halter zeigen. Diese Aggression entsteht nicht aus Bosheit, sondern aus purer Reizüberflutung und Überforderung. In solchen Situationen bleibt manchmal nur die Möglichkeit, den Hund zu seiner eigenen Sicherheit und zur Sicherheit der Menschen in seine Box zu tragen. Dort fährt er oft sofort herunter, weil die Reizflut gestoppt ist und er zur Ruhe kommen kann. Der Weg dorthin jedoch ist häufig gepflastert mit Abwehrverhalten wie Beißen oder massiver Gegenwehr. Solche Ausschnitte aus dem Alltag werden von der Außenwelt schnell bewertet, ohne dass jemand die Hintergründe versteht oder hinterfragt. Für Außenstehende sieht es aus wie Aggression oder fehlende Erziehung – in Wahrheit ist es ein Hilfeschrei eines überforderten Hundes.
Zusammenspiel von Rassedispositionen und Reaktivität
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Zusammenspiel von genetischen Veranlagungen und Reaktivität. Es gibt Rassen, die aufgrund ihrer Zuchtgeschichte prädestiniert sind, schneller und intensiver auf Reize zu reagieren. Wenn bei der Auswahl der Zuchthunde nicht sorgfältig genug hingeschaut wird, wenn Stressanfälligkeit, Unsicherheit oder Überempfindlichkeit weitervererbt werden, entstehen Linien, in denen Reaktivität regelrecht verankert ist. Leider geschieht genau das immer wieder. Statt Stabilität, Belastbarkeit und Gelassenheit als wichtige Zuchtziele zu verfolgen, wird zu oft nur auf Optik, Mode oder Leistung in einzelnen Disziplinen geschaut. Für die betroffenen Hunde bedeutet das ein Leben, in dem sie schon von Beginn an eine geringere Toleranzschwelle mitbringen – und für die Halter eine zusätzliche Herausforderung, die vermeidbar gewesen wäre.
Körperliche Folgen von Dauerstress
Ein weiteres Indiz für eine mentale Überforderung kann sich körperlich zeigen: Manche Hunde kratzen sich ständig, knibbeln an den Pfoten, verlieren Fell oder entwickeln Hautprobleme. Oft beginnt dann eine wahre Odyssee: Der passende Tierarzt wird gesucht, Ausschlussdiäten gestartet, Spezialfutter ausprobiert. Meistens wird von einer Futtermittelunverträglichkeit ausgegangen. Doch währenddessen ist der Hund bereits durch den ständigen Durchfall geschwächt, der Darm ist in Mitleidenschaft gezogen, und es entsteht ein Kreislauf, aus dem viele Halter nicht mehr herausfinden.
Hier spielt die Reaktivität eine immense Rolle. Dauerstress beeinflusst die Verdauung massiv. Nährstoffe werden schlechter aufgenommen, wichtige Bausteine des Futters nicht richtig verarbeitet. Das wirkt sich wiederum direkt auf das Verhalten aus: Ein Hund, der körperlich im Ungleichgewicht ist, kann mental noch schlechter regulieren. Genau deshalb ist es so wichtig, dass solche Fälle von Tierärzten und Ernährungsberatern sorgfältig und ganzheitlich betrachtet werden. Doch leider passiert oft das Gegenteil (Ausnahmen bestätigen die Regel): Es wird nur am Symptom gearbeitet, nicht an der Ursache – dem Dauerstress.
Die Verlockung von Social Media und Onlinekursen
Ich verstehe die Halter, die nach Lösungen suchen. Sie sind müde, sie wollen endlich Ruhe, endlich Normalität. Da wirken Angebote im Netz wie ein Rettungsanker: schnelle Tipps, teure Kurse, Bootcamps, die das Blaue vom Himmel versprechen. Doch diese Angebote funktionieren vielleicht bei unkomplizierten Hunden. Für reaktive Hunde sind sie oft Gift. Denn diese Hunde brauchen keine Standardlösung. Sie brauchen jemanden, der sie sieht. Jemanden, der ihre Körpersprache liest, ihre Signale versteht, die Dynamik zuhause wahrnimmt. Das kann kein Onlinekurs ersetzen. Es ist Geldmacherei auf dem Rücken von Menschen, die am Limit sind – und auf Kosten der Hunde, die immer tiefer in ihrer Verzweiflung stecken.
Was reaktive Hunde wirklich brauchen
Die Arbeit mit reaktiven Hunden sieht nach außen unspektakulär aus. Keine langen Runden, kein stundenlanges Bespaßen, keine schnellen „Erfolge“. Es geht um Ruhe. Es geht darum, die Welt zu entschleunigen. Ein Hund, der jeden Tag Reizfluten ausgesetzt ist, muss lernen, dass nichts tun erlaubt ist. Dass es sicher ist, einfach zu liegen. Dass er wahrnehmen darf, ohne sofort reagieren zu müssen. Manchmal bedeutet das, dass wir eine Woche lang denselben Weg gehen. Manchmal reicht ein kurzer Spaziergang. Manchmal ist das beste Training, wenn der Hund im Auto sitzt und einfach beobachtet. Und manchmal ist das größte Geschenk eine Box mit einer Decke darüber – endlich Schlaf, endlich Stille.
Nicht selten werden deshalb Spaziergänge bewusst nur sehr kurz und in ruhigen Gegenden gemacht, um die Hunde nicht zusätzlich zu überfordern. Das tägliche Training findet häufig zuhause statt – in einer möglichst reizarmen Umgebung. Dort können die Hunde kognitiv sinnvoll ausgelastet werden: kleine Futtersuchspiele, selbstwirksame Übungen, Entspannungsmassagen oder spezielle gymnastische Einheiten, da die Muskulatur oft permanent unter Spannung steht. Auch Balanceübungen können helfen, Körper und Geist zu stabilisieren. Je nach Hund kann zudem ein Clickertraining mit Freeshaping-Übungen zum Einsatz kommen, das die Konzentration fördert und dem Hund ein Gefühl von Selbstwirksamkeit gibt.
Auch Führung spielt eine große Rolle. Reaktive Hunde brauchen Halter, die ihnen Sicherheit geben, die ihnen sagen: „Ich habe dich. Du musst das nicht allein schaffen.“ Statt langer Schleppleinen, die sie in Reizgewitter schicken, hilft oft die Nähe am Menschen. Statt Daueraction hilft langsames, kleinschrittiges Erleben. Weniger Freiheit bedeutet für sie oft mehr Sicherheit. Die Arbeit mit reaktiven Hunden sieht nach außen unspektakulär aus. Keine langen Runden, kein stundenlanges Bespaßen, keine schnellen „Erfolge“. Es geht um Ruhe. Es geht darum, die Welt zu entschleunigen. Ein Hund, der jeden Tag Reizfluten ausgesetzt ist, muss lernen, dass nichts tun erlaubt ist. Dass es sicher ist, einfach zu liegen. Dass er wahrnehmen darf, ohne sofort reagieren zu müssen. Manchmal bedeutet das, dass wir eine Woche lang denselben Weg gehen. Manchmal reicht ein kurzer Spaziergang. Manchmal ist das beste Training, wenn der Hund im Auto sitzt und einfach beobachtet. Und manchmal ist das größte Geschenk eine Box mit einer Decke darüber – endlich Schlaf, endlich Stille.
Auch Führung spielt eine große Rolle. Reaktive Hunde brauchen Halter, die ihnen Sicherheit geben, die ihnen sagen: „Ich habe dich. Du musst das nicht allein schaffen.“ Statt langer Schleppleinen, die sie in Reizgewitter schicken, hilft oft die Nähe am Menschen. Statt Daueraction hilft langsames, kleinschrittiges Erleben. Weniger Freiheit bedeutet für sie oft mehr Sicherheit.
Wenn vermeintliche Lösungen zur Sackgasse werden
Eines der größten Missverständnisse ist die Kastration. Immer wieder höre ich den Rat: „Lass ihn kastrieren, dann wird er ruhiger.“ Doch Reaktivität verschwindet nicht mit einer Operation. Im Gegenteil, manche Hunde werden unsicherer, noch sensibler. Hormone sind Gegenspieler, die wichtig für die Entwicklung sind. Eine Kastration aus reiner Verhaltenshoffnung nimmt den Hunden genau diese Balance. Und was bleibt, ist ein Hund, der immer noch reaktiv ist – nur zusätzlich gehemmt in seiner Entwicklung.
Mein Blick auf die Arbeit
Wenn ich mit reaktiven Hunden arbeite, ist mein erster Schritt: zuhören. Ich will verstehen, wie das Leben des Hundes aussieht, welche Situationen ihn überfordern, welche Signale er schon zeigt. Ich will auch die Menschen verstehen, die mit diesem Hund leben – ihre Sorgen, ihre Ängste, ihre Erschöpfung. Denn Training bedeutet hier nicht, dass wir anderthalb Stunden Tricks üben. Training bedeutet oft, dass wir sitzen, beobachten, durchatmen. Dass wir Pausen zulassen, Momente verlangsamen. Dass wir in Zeitlupe vorgehen, bis der Hund begreift: Die Welt ist nicht bedrohlich. Und dass wir die Halter begleiten, ihnen den Druck nehmen, ihnen Mut machen, falsche Stimmen von außen auszublenden.
Es macht mich jedes Mal wütend und gleichzeitig tief traurig, wenn ich sehe, wie in vielen Fällen nicht genau hingeschaut wird. Wie Hunde in Schubladen gesteckt werden, anstatt ihre individuelle Geschichte zu betrachten. Wie wertvolle Zeit verstreicht, weil Symptome behandelt werden, statt die Ursachen zu erkennen. Für den Hund bedeutet das: Monate, manchmal Jahre voller Stress, Unsicherheit und Leid. Für die Halter bedeutet es, mit ihrem Hund auf der Stelle zu treten, Frust zu erleben und immer wieder zu hören, sie hätten versagt. Diese Zeit bekommen sie nicht zurück – und genau das zerreißt mir oft das Herz.
In meiner Arbeit geht es deshalb darum, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Ich nehme mir die Zeit, genau hinzusehen. Ich höre zu, ich frage nach, ich beobachte. Manchmal arbeite ich eine ganze Stunde lang nur daran, den Hund wieder atmen zu lassen. Manchmal bedeutet Training, dass wir einfach gemeinsam stillstehen, den Moment aushalten und lernen, dass es auch anders geht. Diese kleinen Schritte sind nicht spektakulär, aber sie sind die Basis für echte Veränderung. Und wenn ich dann sehe, wie ein Hund, der zuvor wie ein überdrehter Kreisel wirkte, zum ersten Mal innehält und ruhig wird, dann weiß ich: Genau dafür lohnt sich jede Minute.
Warum mir diese Hunde so am Herzen liegen
Ich brenne für die Arbeit mit reaktiven Hunden, weil sie mir zeigen, wie wichtig es ist, genauer hinzuschauen. Ich liebe es, die kleinen Dinge wahrzunehmen: ein Atemzug, ein kurzes Innehalten, ein erster Blick in die Welt ohne Angst. Diese Momente sind für mich unbezahlbar, weil sie den Hunden ein Stück Lebensqualität zurückgeben und den Menschen Hoffnung schenken. Reaktive Hunde sind keine einfachen Fälle, aber gerade das macht sie für mich so besonders. Ich möchte, dass sie gesehen werden, dass ihre Hilferufe verstanden werden und dass sie die Chance bekommen, in Ruhe und Sicherheit zu leben. Das ist der Grund, warum ich für diese Arbeit brenne und warum mir diese Hunde so sehr am Herzen liegen.
Fazit
Reaktive Hunde sind keine Problemhunde. Sie sind sensible Wesen, die die Welt intensiver spüren. Sie brauchen Verständnis, Geduld und Menschen, die sie wirklich sehen. Falsche Trainingsmethoden, Social-Media-Halbwissen und schnelle Onlineangebote verschärfen ihr Leid. Was sie brauchen, ist Ruhe. Struktur. Sicherheit. Und Training, das nicht auf Druck, sondern auf Entschleunigung basiert. Schritt für Schritt. Im Tempo des Hundes.
Diese Hunde schreien nach Hilfe – nicht laut, sondern still, in ihrem Verhalten, in ihrem ständigen Überdrehen. Es ist unsere Aufgabe, ihnen zuzuhören. Sie zu sehen. Und ihnen den Raum zu geben, endlich wieder atmen zu können. Denn am Ende ist es das, was sie brauchen: eine Chance auf Ruhe und ein Leben, das sie nicht überrollt.
Teil 3: Neue Balance für Bauch & Seele – Moritz auf dem Weg zur inneren Ruhe
Teil 3: Neue Balance für Bauch & Seele – Moritz auf dem Weg zur inneren Ruhe
Ein Gastbeitrag von Andrea Frost, Man and Dog, Hildesheim
Als Moritz zum ersten Mal mit seiner Halterin bei mir in der Praxis stand, lag eine lange, schwere Zeit hinter ihnen.
Ich wusste einiges aus dem Vorgespräch – und spürte dennoch sofort, dass hier nicht nur ein überforderter Hund vor mir stand, sondern auch ein Körper, der über Monate im Alarmzustand war.
Unruhige Verdauung, ständiges Anspannen, starker Juckreiz – Moritz fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Auch das zeigte sich als Spiegel seiner inneren Anspannung.
In solchen Momenten beginnt meine Arbeit.
Wenn das Nervensystem keine Pause kennt
Stress wirkt nie nur „im Kopf“. Er zieht weite Kreise – im ganzen Organismus.
Verdauung, Hormonhaushalt, Reizverarbeitung, Verhalten – alles ist miteinander verbunden.
Moritz hat das sehr deutlich gezeigt: Sein Körper war dauerhaft im Alarmzustand.
Ein auffälliges Symptom war der starke Juckreiz – besonders in ruhigen Momenten.
Er fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht wohl in seiner Haut.
Was viele nicht wissen: Auch der Darm spielt bei solchen Beschwerden eine zentrale Rolle.
Im Rahmen eines Darmflorascreenings zeigte sich bei Moritz neben einem gestörten Mikrobiom auch ein Zusammenhang mit Histamin – einem Stoff, der nicht nur über Futter aufgenommen, sondern auch im Darm von bestimmten Bakterien gebildet wird.
Wenn sich diese Bakterien zu stark vermehren, kann das tiefgreifende Folgen haben:
Konzentrationsstörungen, Reizoffenheit, Nervosität, Unruhe, sogar aggressive oder panikartige Reaktionen.
Nicht umsonst wird Histamin auch als das „Koffein des Nervensystems“ bezeichnet.
Bei Moritz ergab sich ein deutliches Bild:
Ein überreizter Körper, ein nervöses System, ein Hund, der kaum zur Ruhe kommt.
Was vielen ebenfalls nicht bewusst ist: Der Darm ist über das sogenannte Bauchhirn direkt mit dem zentralen Nervensystem verbunden – über ein komplexes Netzwerk von Nerven und Botenstoffen, allen voran über den Vagusnerv.
Dieser Nerv ist wie eine Brücke zwischen Körper und Gefühl:
Er sendet Informationen vom Bauch zum Gehirn – und umgekehrt.
Ist der Darm gereizt, gerät oft auch das Nervensystem aus dem Gleichgewicht.
Und wenn das Nervensystem dauerhaft unter Spannung steht, stört das wiederum die Verdauung.
Ein Kreislauf, der sich gegenseitig verstärken kann.
Die Kraft der kleinen Veränderungen
In enger Absprache mit der Halterin haben wir die Ernährung Schritt für Schritt angepasst:
Weniger tierisches Eiweiß, eine beruhigendere Zusammensetzung, histaminärmer, reizärmer – abgestimmt auf Moritz’ körperlichen Zustand.
Ziel war es, den Darm zu entlasten, die Nerven zu beruhigen und dem Körper wieder die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu regulieren.
Begleitend setzten wir auf eine sanfte Unterstützung mit Schüßler-Salzen, die sowohl den Darm als auch das Nervensystem in dieser Phase stärken sollten.
Auch wenn diese Therapieform wissenschaftlich nicht anerkannt ist, zeigte sich in Moritz’ Fall ein spürbarer Effekt:
Nach dem vorsichtigen Absetzen der Salze kam es zu einer auffälligen Verschlechterung des Verhaltens – mehr Spannung, weniger Ausgeglichenheit.
Da dies die einzige erkennbare Veränderung war, entschieden wir uns, die Gabe fortzusetzen. Moritz zeigte uns sehr deutlich, dass dies die richtige Entscheidung war.
Für mich ist das ein schönes Beispiel dafür, wie naturheilkundliche Mittel – verantwortungsvoll eingesetzt – Veränderungsprozesse wie eine Futterumstellung sinnvoll begleiten können.
Nicht als Ersatz für fundierte Analyse, sondern als feiner, unterstützender Impuls.
Duftwahl aus dem Bauch heraus
Als Moritz zum ersten Mal in der Praxis mit einer kleinen Auswahl an Hydrolaten in Kontakt kam, war er sofort klar in seiner Reaktion:
Er wich manchen aus, blieb bei anderen neugierig stehen – und traf schließlich eine sehr eindeutige Wahl.
Er entschied sich für die Atlaszeder.
Ein tief wirkender Duft, der dabei hilft, innere Stabilität aufzubauen.
Er unterstützt dabei, klare Grenzen zu setzen – ohne sich innerlich zu verschließen.
Wenn man diesen Baum betrachtet, lässt sich seine Wirkung erahnen:
Die kräftigen Äste ragen fast waagerecht hinaus, als würden sie einen geschützten Raum schaffen – ein Dach, unter dem man sich sammeln darf.
Und doch bleibt der Blick offen, überall blitzt der Himmel hindurch.
Es ist kein Rückzug ins Abseits, sondern ein Innehalten im Verbundensein.
Für Moritz bedeutet dieser Duft: Halt finden, ohne sich hart machen zu müssen.
Schutz spüren, ohne alles abwehren zu müssen.
Ein erster Schritt hin zu einer inneren Sicherheit, die nicht mehr durch Kontrolle entstehen muss – sondern aus Vertrauen wachsen darf.
Die Atlaszeder wird ihn nun im Alltag begleiten, sanft verknüpft mit Momenten der Ruhe.
Immer wieder angeboten in Zeiten, in denen er von sich aus entspannt – damit sie sich Stück für Stück verankert: als konditionierter Entspannungsduft.
Ein feiner Impuls, der nicht zwingt, sondern erinnert. An das, was möglich ist, wenn Körper und Seele gemeinsam zur Ruhe kommen dürfen.
Was Moritz mich gelehrt hat
Moritz hat mich tief berührt. Mit seiner Geschichte, mit seinem Blick, mit dem Mut, den er trotz allem in sich trägt.
Und ja – er durfte bei unserem Termin auch seine Pfoten auf meinen Schreibtisch legen.
Ein kleiner Moment, der viel erzählt: von Vertrauen, vorsichtigem Ankommen und einem Hund, der wieder fühlen darf, dass er gemeint ist.
Fazit: Ganzheitliche Veränderung beginnt im Innern
Verhalten ist sichtbar. Gesundheit oft nicht.
Und doch hängen beide untrennbar zusammen.
Moritz zeigt eindrucksvoll, wie viel möglich wird, wenn man den Hund als Ganzes sieht:
Nicht als Fall, nicht als Symptom – sondern als fühlendes Lebewesen mit einem Körper, der mitredet.
Es braucht Zeit. Es braucht Geduld. Und es braucht den Mut, gewohnte Wege zu hinterfragen.
Ich bin dankbar, Teil dieses Prozesses zu sein. Und voller Respekt für das Vertrauen, das mir und meinem Ansatz entgegengebracht wurde.
Denn manchmal ist der Weg zur Ruhe kein gerader.
Aber er beginnt – ganz leise – im Bauch.
Andrea Frost, Man and Dog, Hildesheim
Zertifizierte Hundetrainerin
Tierheilpraktikerin
Ernährungsberaterin für Hunde
Moritz - Teil 2: Zwischen Hilflosigkeit und Hoffnung
Moritz – Teil 2: Zwischen Hoffnung und Hilflosigkeit
Wir trafen uns im Oktober 2024. Moritz war zu diesem Zeitpunkt 1,5 Jahre alt.
Er sollte einen neuen Maulkorb bekommen – und das nicht ohne Grund.
Schon bei der ersten Begegnung wurde klar: Dieser Hund steht unter Dauerstrom.
Aggressives Verhalten gegen Menschen, ständige Reizüberflutung, keine Fähigkeit zur Ruhe. Moritz war misstrauisch, nervös, kaum kontrollierbar, immer im Modus „Angriff ist die beste Verteidigung“.
Die Halterin war gezeichnet. Im wahrsten Sinne des Wortes: blaue Flecken, kleinere Verletzungen. Sie hatte versucht, ihn zu kontrollieren – doch was sie dafür erntete, war Angst, Schmerz und das Gefühl, komplett zu versagen.
Sie schilderte mir, dass Moritz auf alles aggressiv reagierte: Autos, Fahrräder, fremde Menschen, Hundegebell – selbst wenn es nur in der Ferne zu hören war. Er verteidigte das Grundstück, maßregelte die Familie, versuchte zu beißen.
Der Leidensdruck war kaum in Worte zu fassen.
Ein erster Moment des Aufatmens
Nach einer Maulkorbanprobe auf meinem Gelände kam es zum ersten Wendepunkt.
Auf dem Weg zurück zum Auto rastete Moritz erneut bei einem Reiz aus der Ferne aus – die Halterin war kurz vor dem Zusammenbruch.
Ich übernahm, blieb ruhig stehen, sagte nichts, war einfach präsent. Moritz beruhigte sich.
Ich coachte die Halterin ganz behutsam, wie sie über ihre eigene Haltung Einfluss auf Moritz nehmen kann.
Nach etwa 15 Minuten nahm sie die Leine wieder in die Hand – mit einem Lächeln im Gesicht.
Später erzählte sie mir, dass sie nach 50 Metern anhielt und weinte. Weil in diesem Moment so viel Last von ihr abfiel.
Wenige Tage später fand der erste Termin im häuslichen Umfeld statt. Moritz war gesichert, die Situation ruhig und strukturiert.
Wir sprachen lange – über zwei Stunden. Und es wurde klar: Dieser Hund leidet. Massiv.
Wie konnte es so weit kommen?
Moritz stammt aus einer Leistungszucht, auf Arbeit, Territorialverhalten und Kontrollverhalten gezüchtet. Der Onkel im Zwinger nebenan zeigte ebenfalls ausgeprägte Aggression. Moritz hatte bis zur Abgabe im Alter von 9 Monaten, kaum Umweltreize erlebt – nur Grundstück, nur Zwinger.
Die vielen Trainingsversuche zuvor hatten ihn zusätzlich verunsichert: Korrekturen, Strafen, Reizüberflutung, zu hohe Erwartungen – dazu noch ein Kastrationschip mit nur 9 Monaten, der ihn in einer wichtigen Entwicklungsphase hormonell stoppte.
Moritz lebte permanent in der roten Zone.
Er hatte keine Chance, überhaupt etwas Positives zu verankern. Er war nicht mehr ansprechbar – außerhalb des Hauses war Moritz wie ferngesteuert.
Das Grundstück wurde kontrolliert, Menschen wurden reglementiert. Spaziergänge? Nur noch im Feld. Alles andere war gefährlich.
Erste Schritte in Richtung Veränderung
Unsere ersten Maßnahmen hatten ein Ziel: Verantwortung abgeben.
- Hausleine für mehr Distanz und Führung
- Box als sicherer Rückzugsort, mit Decke abgedeckt
- Boxentraining als permanentes Ritual – Sicherheit schaffen
- Konfliktsituationen vermeiden, nicht provozieren
- Sehr kleinschrittiges Training im Garten – maximal 5 Minuten
- Körpersprache beobachten, Überforderung erkennen, bevor sie kippt
Moritz brauchte eine neue Aufgabe: nicht mehr der Wächter, nicht der Entscheider – sondern Hund.
Das zweite Treffen – und ein Rückfall
Vier Wochen später trafen wir uns auf dem Trainingsgelände.
In der Zwischenzeit gab es viel Austausch via WhatsApp und Telefon. Die Halterin war unermüdlich.
Beim Training: 20 Minuten gezielte Übungen zur Orientierung, ruhiges Leinenhandling. Dann: reden, erklären, zuhören. Gefühle annehmen. Ängste ernst nehmen.
Nach 1,5 Stunden endete das zweite Training – mit sichtbarem Fortschritt.
Doch dann lief der Kastrationschip aus. Und Moritz kippte zurück. Die Halterin hielt durch. Wir justierten nach. Und er fing sich wieder.
Ein paar wichtige Worte zur Kastration
In vielen Fällen wird ein Kastrationschip oder eine OP vorschnell empfohlen.
Was oft nicht bedacht wird:
Eine Kastration verändert nicht automatisch Verhalten – sie kann es sogar verstärken, wenn Angst oder Unsicherheit die Ursache sind.
Junge Hunde durchlaufen natürliche Reifeprozesse. Wird dieser hormonell unterbrochen, fehlt oft die Chance auf gesunde Entwicklung.
In Moritz‘ Fall zeigte sich: Der Chip verschaffte nur kurz Erleichterung – löste aber nicht das Problem.
Kontrollverlust abgeben – Stück für Stück
Mit viel Geduld und Struktur begannen wir, neue Routinen aufzubauen:
- Kein Aussteigen mehr im Stresszustand
- Keine Kontrolle mehr über das Grundstück
- Ruhe und Erwartungsfreiheit im Alltag
- Schleppleine im Garten, gezielte Suchspiele zur Auslastung
- Keine Raumkontrolle, kein Sofa, kein Liegen an den Füßen
- Stellvertreterkonflikte stellen und begleiten
- Impulskontrolle und Frustrationstoleranz üben
- Moritz lesen lernen – rechtzeitig handeln
Und all das nicht draußen, sondern ausschließlich im sicheren Rahmen Zuhause und im Garten.
Denn: Am Hoftor war Schluss. Draußen war Überforderung pur.
Kleine Schritte. Große Wirkung.
Die Fortschritte blieben nicht aus:
- Moritz zog sich selbstständig in seine Box zurück
- Er suchte Nähe und genoss ruhige Kuscheleinheiten
- Er schlief mehr
- Er hörte auf, seine Menschen zu verfolgen
- Er gab Verantwortung ab
Futter & Verhalten – der Zusammenhang
Moritz zeigte auch massive Magen-Darm-Probleme.
Reizoffenheit wirkt sich auf den Körper aus. Und Verdauung auf das Verhalten.
Ohne weiter tiefere Analyse seitens einer Tierärztin, wurde lapidar auf Futterallerige verwiesen und ein bestimmte Futtersorte empfohlen. Veränderung zeigte sich keine.
Da ich selbst keine Ernährungsexpertin bin, arbeite ich in solchen Fällen mit Andrea Frost, Man and Dog, zusammen. Sie hat uns mit wertvollem Fachwissen begleitet. Im dritten Teil wird sie ihre Sicht und Empfehlungen zu Moritz‘ Ernährung teilen.
Ein Hund kurz vorm Tierheim – und eine Halterin, die blieb
Seit unserem Kennenlernen haben wir uns nur viermal mit Moritz persönlich getroffen. Der Grund: Seine Halterin setzt alles um. Täglich. Konsequent. Mit Feingefühl.
Sie besucht Workshops, holt sich Input, stellt Fragen, bleibt dran.
Viele Trainingsschritte braucht Moritz gar nicht – weil es um Strukturen, nicht Reize geht.
Moritz wird nie ein Hund für die Innenstadt sein.
Urlaube müssen sorgfältig geplant werden.
Aber: Er darf bleiben. So wie er ist.
Seine Familie hat ihn angenommen – mit Licht und Schatten.
Und genau deshalb verändert sich Moritz. Jeden Tag ein bisschen mehr.
Mein persönlicher Respekt
Dieser Weg ist kein einfacher.
Es wäre leichter gewesen, aufzugeben.
Doch die Halterin – und ihr Umfeld – sind geblieben.
Sie haben sich bewusst für Moritz entschieden. Gegen all das, was andere ihnen einreden wollten.
Ich ziehe den Hut vor dieser Leistung.
Denn echte Veränderung beginnt nicht beim Hund.
Sondern beim Menschen.
Moritz, der schwere Weg eines jungen Hundes
Moritz – Der schwere Weg eines jungen Hundes
Teil 1
Moritz wurde am 08. März 2023 geboren – ein aufgeweckter Welpe aus einem VDH-zertifizierten Züchterhaushalt, der gemeinsam mit acht Geschwistern in sein Leben startete. Am 05. Mai 2023, mit acht Wochen, zog er bei uns ein. Wir waren bereit für einen Neustart mit Hund – voller Hoffnung, Liebe und Verantwortungsbewusstsein.
Doch es kam anders. Viel zu anders.
Ein schlechter Start in eine gute Zukunft
Schon in den ersten Wochen zeigten sich die ersten Stolpersteine. Wir wollten Moritz bestmöglich fördern, doch es war schlichtweg keine Welpengruppe verfügbar. Erst als er elf Wochen alt war, fanden wir einen Platz – leider keine feste Gruppe, sondern wechselnde Hunde. Statt Spiel und Sozialkontakt gab es Korrekturen, Einschränkungen und ständigen Druck.
Moritz durfte nicht frei laufen, selbst kontrolliertes Spiel war unmöglich. Stattdessen wurde mit Wasser, klappernden Näpfen und Schlüsseln gearbeitet – aus seiner Sicht ständige Bedrohung. Die Folge: ein junger Hund, der nicht lernen konnte zu vertrauen.
Ein Ratschlag jagt den nächsten – keiner hilft
Ein Hausbesuch einer Trainerin brachte keine Entlastung – im Gegenteil. Der Rat: Moritz mit einem Haken in der Wand anzubinden, mit einer Rüttelflasche zu arbeiten, oder ihn am besten direkt abzugeben. Moritz war gerade fünf Monate alt. Und wir? Wir waren verzweifelt, beschämt, hilflos.
Statt echter Hilfe wurde uns immer wieder vermittelt: „Ihr seid das Problem.“
Als auch noch unsere Tierärztin zur baldigen Kastration riet, fühlten wir uns zunehmend überfordert. In unserer Not wandten wir uns an eine bekannte Trainerin – doch was dort geschah, erschütterte uns zutiefst. Moritz wurde angeschrien, massiv körperlich bedrängt, fast gewürgt, in einer eskalierenden Situation sogar getreten und beschimpft. „Scheiß Köter“ – dieses Wort brennt sich ein. Wir brachen alles ab.
Am Telefon wurden wir danach wüst beschimpft – weil wir uns schützend vor unseren Hund gestellt hatten.
Verloren im Therapiedschungel
Auf Anraten der Tierärztin folgte eine Verhaltenstherapie. Der erste Termin: knapp 1000 Euro. Das Ergebnis: Leckerli, Handout, Maulkorbberatung. Moritz bekam Käse – für jeden Blick. Doch unser Alltag wurde nicht leichter, unser Gefühl nicht sicherer, unsere Sorgen nicht kleiner.
Nach wenigen Wochen, weiteren teuren Besuchen und zunehmender Erschöpfung nahmen uns die Züchter Moritz für eine Woche ab – mehr als ein kurzes Durchatmen war das aber nicht. Sie wollten ihn nicht zurück. Und uns wurde geraten: Hundeinternat.
Training, das mehr kaputt macht als heilt
Moritz verbrachte drei Wochen im Hundeinternat – lebte mit der Trainerin, ihren Hunden, sogar zeitweise mit kleinen Kindern. Der Umgang: streng. Leinenruck für die Leinenführigkeit, Training mit Maulkorb samt Metall-Stirnriemen. Wir bekamen Einzelstunden, lernten mit – doch das Fundament blieb brüchig. Die Hilflosigkeit wuchs. Die Kosten explodierten. Der Druck auf Moritz stieg.
Nächster Versuch, nächste Verletzung
Kurz danach: neue Hundeschule, neue Trainerin, neue Hoffnung. In der ersten Gruppenstunde: acht andere Hunde, viel Hektik, viele Reize. Nach der zweiten Stunde hatte Moritz eine tiefe Schnittwunde an der Pfote – vier Wochen Trainingspause.
Doch schlimmer als die körperliche Wunde war das Gefühl: Wir wussten nicht mehr, wem wir glauben sollten. Oder uns überhaupt noch trauen konnten.
Noch vor dem dritten Training wurde Moritz – ohne tiefere Aufklärung – ein Kastrationschip gesetzt. Unser Hund war gerade einmal neun Monate alt. Zusätzlich wurde uns empfohlen, ihm Beruhigungsmittel zu geben. Auch das lehnten wir ab.
Druck statt Beziehung
Im weiteren Training wurde mit Druck gearbeitet: Leinenruck, Napf- oder Eimerwurf, Wasserflaschen, Schellen. Übungen wurden mit Sitz-Platz-Zwang durchgezogen, Maulkörbe waren Standard, Bindung nebensächlich. Hunde wurden angebunden, weggeschickt, zurechtgewiesen. Für „Härtefälle“ wurde sogar das Sprüh- oder Elektrohalsband empfohlen – wenn auch nur „vertraulich“.
Hausbesuche? Fehlanzeige. Einzige Ausnahme: eine private Gefälligkeit bei unserem Gartenproblem, als Moritz am Zaun pöbelte.
Unser Hund litt. Und wir mit ihm.
Er bekam Verdauungsprobleme. Unsere Tierärztin riet zu einer reinen Pferdefleischfütterung – ohne Untersuchung. Es war der Tiefpunkt. Emotional, körperlich, seelisch.
Ein unerwarteter Lichtblick
Wir begannen, selbst zu recherchieren. Und stießen auf eine Hundeschule, bei der sich alles anders anfühlte: respektvoll, ruhig, fundiert. Keine Gewalt. Kein psychischer Druck. Kein Training nach Schema F. Stattdessen ein individueller Blick auf unseren Hund – auf Moritz, wie er ist. Und wie er sein darf.
Endlich.
Was wir heute wissen – und niemals vergessen werden
Die Geschichte von Moritz ist kein Einzelfall. Aber sie ist unsere. Und sie hat uns an unsere Grenzen gebracht.
Wir haben gelernt:
- Dass viele Methoden, die sich „modern“ nennen, tief verletzen können.
- Dass Vertrauen nur mit Geduld wächst – niemals mit Gewalt.
- Dass nicht jeder, der laut ist, auch recht hat.
- Dass man manchmal allein ist – obwohl man eigentlich Hilfe sucht.
Heute wissen wir, dass Moritz nicht das Problem war. Sondern das System um ihn herum.
Und heute, endlich, geht es ihm besser. Uns auch. Weil wir unseren Hund nicht aufgegeben haben. Sondern uns für ihn entschieden haben – gegen jeden Widerstand.
Autorin: C. O.-K.
Teil 2 folgt
Jenseits des Gehorsams: Soziale Erziehung und Ruhe als Schlüssel zur Harmonie
Mehr als nur Sitz und Platz: Soziale Erziehung und Ruhe
In unseren Hundeerziehungsgruppen liegt der Fokus oft auf den Grundlagen: Sitz, Platz, Leinenführigkeit. Doch ein Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Welpen- und Junghundekurse: soziales Lernen, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz und das Setzen von Grenzen.
Oft zeigt sich die Herausforderung darin, unseren jungen Energiebündeln zu Hause die Ruhe beizubringen. "Bleib!", "Nein!", "Entspann dich!" – diese einfachen Bitten scheinen manchmal ungehört zu verhallen. Dabei ist gerade die Fähigkeit zur Ruhe und Entspannung ein fundamentales Element für ein ausgeglichenes Hundeleben.
Ein Leben in Balance: Die Bedeutung der Ruhe
Stell dir vor, du wärst permanent von Reizen umgeben, müsstest täglich unzählige neue Eindrücke verarbeiten und hättest nie die Möglichkeit, wirklich abzuschalten. So ähnlich erleben viele unserer jungen Hunde ihre Welt. Ohne Ruhephasen können all die neuen Erfahrungen und kleinen Konflikte des Alltags kaum verarbeitet werden. Es fehlt die Zeit, um neue Energie für kommende Herausforderungen zu tanken.
Oftmals geben wir unbewusst dem unruhigen Verhalten unserer Welpen nach. Ein Fiepsen im Körbchen, ein winselnder Blick – und schon wird der kleine Liebling bemitleidet und herausgenommen. Wir übertragen unsere menschliche Vorstellung von Trost auf den Hund und übersehen dabei, wie wichtig es ist, ihm die Selbstregulation beizubringen.
Die unbemerkte Kontrolle: Wer führt eigentlich?
Wir sind den ganzen Tag damit beschäftigt, unseren Hund zu beobachten und zu lenken: Was frisst er? Wo geht er hin? Was tut er? Ein ständiger Kontrollakt! Und dann wundern wir uns, wenn der Hund nicht zur Ruhe kommt. In den Trainingseinheiten fordern wir mentale Höchstleistungen und erwarten gleichzeitig einen entspannten Begleiter im Alltag. Das harmoniert nicht immer.
Ein häufig gehörtes Argument: "Auf dem Sofa ist er ganz ruhig und schläft." Das mag stimmen. Doch beobachte genauer: Liegt dein Hund wirklich entspannt neben dir, weil er deine Nähe sucht? Oder liegt er quer über deinen Schoß, die Pfote demonstrativ auf deinem Bein, um dich "festzuhalten"? Oft ist dies eher ein Kontrollverhalten als ein reines Bedürfnis nach Zuneigung.
Elementare Lektionen: Grenzen setzen und "Nein" sagen
Können wir uns vorstellen, dass ein Kind uns den ganzen Tag auf den Fersen klebt oder unser Partner uns ununterbrochen anstarrt und berührt? Irgendwann wären wir gereizt. Warum fällt es uns dann oft so schwer, unserem Hund klare Grenzen aufzuzeigen? Ihm beizubringen: "Nein, du bleibst jetzt im Körbchen, während ich dusche." Dies sind grundlegende Regeln, die vom ersten Tag an etabliert werden sollten.
Denn was im Welpen- und Junghundalter versäumt wird, kann sich in der Pubertät und im Erwachsenenalter verstärken. Der Hund testet seine Grenzen, versucht seine Position zu finden – und irgendwann kann es zu unerwünschten Reaktionen kommen. Oft haben wir die feinen Signale des Unbehagens (Knappern, Lefzen lecken, Abwenden) übersehen, bis der Hund deutlicher wird.
Die Falle der Dauerbelohnung: Weniger kann mehr sein
Im Alltag belohnen wir oft jede kleine "gute" Tat unseres Hundes mit einem Leckerli. Eine Minute Stille im Körbchen? Keks! Ein kurzer Blickkontakt? Keks! Positive Verstärkung ist wichtig, aber muss es immer ein Futterstück sein? Manchmal genügt ein ruhiges Lob oder das Ignorieren unerwünschten Verhaltens.
Denn was geschieht, wenn der Hund lernt, dass jede seiner Handlungen eine Belohnung nach sich zieht? Er wird davon abhängig. Er agiert nicht mehr ohne die Erwartung von Futter. Bleibt die Belohnung aus, kann dies zu Frustration und Verunsicherung führen.
Soziale Kompetenz statt reiner Dressur: Was wirklich zählt
Ein Hund, der perfekt "Sitz" und "Platz" beherrscht, aber im Alltag sozial ungeschickt ist, ähnelt einem Soldaten mit Auszeichnungen, aber ohne Manieren. Oft legen wir zu viel Wert auf Gehorsam und zu wenig auf die Entwicklung sozialer Fähigkeiten. Dazu gehört auch, Konflikte auszuhalten und die Grenzen anderer zu respektieren.
Warum nehmen Hunde ständig alles vom Boden auf? Oft, weil sie gelernt haben, so Aufmerksamkeit zu bekommen. Wir müssen ihnen beibringen: Was am Boden liegt, wird nicht gefressen. Und wir müssen lernen, auch kleine "Stellvertreterkonflikte" durchzustehen. Versucht der Hund, ein Leckerli zu stehlen, das uns gehört, ist ein konsequentes "Nein" wichtig, ohne beim ersten Winseln nachzugeben.
Die Rolle von Genetik und Individualität: Jeder Hund ist einzigartig
Vergessen wir nicht die genetische Veranlagung und den individuellen Charakter jedes Hundes. Jeder Hund wurde für bestimmte Aufgaben gezüchtet, und diese Anlagen prägen ihn. Ein Golden Retriever, ursprünglich für die Jagd gezüchtet, kann territoriale Tendenzen zeigen. Ein Dobermann hat ein anderes Wesen als ein Malteser. Auch bei kleineren Rassen wie Terriern, die für die selbstständige Arbeit in Bauen gezüchtet wurden, können sich Selbstständigkeit und Jagdtrieb in Ungeduld und Schwierigkeiten beim Entspannen äußern. Wichtig ist: Langjährige Erfahrung mit einer Rasse bedeutet nicht automatisch, dass wir jeden einzelnen Hund dieser Rasse vollständig verstehen. Der individuelle Charakter und die Lernerfahrungen spielen eine ebenso große Rolle. Gerade kleine Rassen wie Malteser können wahre Meister der Manipulation sein und genau wissen, wie sie ihren Willen durchsetzen. Wir dürfen nicht alle Hunde gleich behandeln, sondern müssen ihre individuellen Bedürfnisse und Anlagen berücksichtigen. Und ja, das soziale Lernen in den ersten Jahren kann herausfordernd sein. Es ist ein Teil des Erwachsenwerdens, und sowohl wir als auch unser Hund lernen ein Leben lang. Es liegt jedoch an uns, die gemeinsame Zeit von 10 bis 15 Jahren durch konsequente soziale Erziehung so harmonisch und entspannt wie möglich zu gestalten – angepasst an den jeweiligen Hund, seine Rasse, sein Alter, seinen Charakter und unsere alltäglichen Bedürfnisse.
Fazit: Soziale Erziehung und Ruhe sind unverzichtbar
Ein gut sozialisierter Hund, der gelernt hat, sich zu entspannen und Grenzen zu respektieren, ist ein glücklicherer und ausgeglichenerer Begleiter. Dies erreichen wir nicht durch ständige Belohnung und Drill, sondern durch konsequente soziale Erziehung, klare Grenzen und vor allem: indem wir unseren Hunden die Ruhe ermöglichen, die sie zur Verarbeitung ihrer Erlebnisse benötigen. Lasst uns aufhören, uns von unseren Hunden emotional beeinflussen zu lassen und ihnen stattdessen die klare Führung geben, die sie für ein sicheres und geborgenes Leben in unserer Welt brauchen. Denn nur wer Ruhe lernt, kann wirklich Vertrauen entwickeln und uns nicht zur Verzweiflung treiben.
6 Jahre Hundeschule Sarstedt
Sechs Jahre Hundeschule – Ein Traum wird Realität
Im Januar 2019 habe ich mir einen Traum erfüllt und meine eigene Hundeschule eröffnet. Heute, sechs Jahre später, ist dieser Traum Wirklichkeit geworden – auf eine Art und Weise, die ich mir damals kaum vorstellen konnte. Der Weg dorthin war geprägt von Wachstum, neuen Erkenntnissen und einer tiefen Verbindung zu Mensch und Tier.
Meine Reise begann als mobile Hundetrainerin im Kleingewerbe. Aufgrund meines persönlichen Werdegangs war es mir wichtig, langsam zu wachsen und Schritt für Schritt Erfahrungen zu sammeln. Schon nach sechs Monaten erhielt ich die Genehmigung für einen kleinen Hundeplatz am Wellweg. Dieser Ort bot mir die Möglichkeit, das Training mit Geräten zu erweitern und den Hunden sowie ihren Haltern neue Trainingsansätze anzubieten.
Bereits zu Beginn wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, den Hundehaltern wirklich zuzuhören und sie mental zu begleiten. Klassisches Gruppentraining stand anfangs im Mittelpunkt meiner Arbeit. Doch schon in den ersten zwei Jahren konnte ich viele Einblicke in unterschiedliche Trainingsansätze gewinnen. Diese neuen Perspektiven haben mein Training nachhaltig verändert.
Verantwortung zurückgeben: Mensch und Hund im Einklang
Im Laufe der Zeit fiel mir immer häufiger auf, dass viele Hunde eine emotionale Verantwortung für ihre Halter übernommen hatten, die sie überforderte. Meine Aufgabe war – und ist es bis heute – den Menschen dabei zu helfen, diese Verantwortung wieder selbst zu tragen. Nur so kann ein harmonisches Miteinander entstehen, das Hund und Halter guttut.
Ein guter Hundetrainer hat nicht nur das Verhalten der Hunde im Blick, sondern achtet auch auf deren Gesundheit. Themen wie Ernährung und die richtige Auswahl von Geschirren oder Halsbändern sind zentrale Aspekte meiner Arbeit. In der Anfangszeit musste ich bei speziellen Bedürfnissen, wie etwa der Maulkorb-Auswahl, oft auf das Internet verweisen.
Ein starkes Team: Betty und das Mantrailing
Relativ schnell nach der Gründung meiner Hundeschule wurde mein Team durch Betty ergänzt. Sie brachte nicht nur ihre Expertise im Mantrailing mit, sondern auch eine große Leidenschaft für diese besondere Art der Auslastung. Mit viel Herzblut und Engagement übernahm sie den Bereich vollständig und baute in kürzester Zeit vier erfolgreiche Gruppen auf.
Betty hat nicht nur ein Auge für die Bedürfnisse der Hunde, sondern auch für kreative und unvergessliche Trainingsmöglichkeiten. Neben regelmäßigen Trailevents, wie in St. Peter-Ording (SPO), plant sie für 2025 ein besonderes Highlight: Trailevents auf Texel. Zudem tüftelt sie ständig an neuen, anspruchsvollen Trails, die die Hunde fordern und ihren Haltern bleibende Erlebnisse schenken.
Mantrailing ist eine hervorragende Möglichkeit, Hunde kognitiv auszulasten. Besonders für unsichere Hunde oder solche, die einen Maulkorb tragen müssen, bietet diese Art des Trainings eine sinnvolle und erfüllende Beschäftigung. Dabei spielt das Alter des Hundes keine Rolle – jeder kann seine Stärken einbringen und gemeinsam mit seinem Halter über sich hinauswachsen.
Mit Bettys Unterstützung konnte ich das Angebot der Hundeschule nicht nur erweitern, sondern auch individueller gestalten. Mantrailing ist mehr als nur eine Trainingsmethode – es stärkt die Bindung zwischen Hund und Halter und bringt oft unerwartete Talente ans Licht.
Betty ist ein unverzichtbarer Teil unseres Teams, und mit ihrer kreativen, liebevollen und professionellen Art bereichert sie nicht nur die Hundeschule, sondern auch das Leben unserer Kunden und ihrer Hunde.
Heike und die Zukunft der Hundeschule: Tierschutzhunde und Freilaufgruppen im Fokus
Vor zwei Jahren begann Heike ihre Ausbildung zur Hundetrainerin und ist seither auch ein unverzichtbarer Teil unseres Teams. Ihr Weg als Hundetrainerin ist längst nicht abgeschlossen – im Gegenteil: Neben ihrer Leidenschaft für das Gruppentraining schlägt ihr Herz besonders für Tierschutzhunde und Freilaufgruppen. Diese Bereiche sind nicht nur ein persönliches Anliegen von ihr, sondern auch eine wertvolle Ergänzung zu unserem bestehenden Angebot.
Tierschutzhunde bringen oft eine besondere Geschichte mit. Viele von ihnen haben traumatische Erlebnisse hinter sich oder müssen sich erst an ein Leben in einer neuen Umgebung gewöhnen. Heike sieht ihre Aufgabe darin, diesen Hunden und ihren Haltern einen Weg zu zeigen, wie sie gemeinsam eine stabile und vertrauensvolle Beziehung aufbauen können. Durch ihre einfühlsame und professionelle Art schafft sie es, auch bei herausfordernden Fällen neue Perspektiven aufzuzeigen.
Ein weiterer Schwerpunkt, den Heike in Zukunft verstärken möchte, sind Freilaufgruppen. Diese bieten Hunden die Möglichkeit, sich kontrolliert und in einem sicheren Rahmen mit Artgenossen zu bewegen und auszutauschen. Gleichzeitig lernen die Halter, das Verhalten ihrer Hunde besser zu verstehen und in verschiedenen Situationen souverän zu reagieren.
Ich bin überzeugt, dass Heike in den kommenden Monaten diese Angebote weiter ausbauen wird. Mit ihrem Engagement und ihrer Expertise erweitert sie nicht nur das Tätigkeitsfeld der Hundeschule, sondern bereichert auch unser Team und die Kunden, die wir begleiten dürfen.
Mit einem klaren Fokus auf individuelle Bedürfnisse und die Förderung von Mensch-Hund-Beziehungen wird Heike eine noch größere Rolle in unserer Hundeschule spielen – ein Gewinn für uns alle!
Der Schritt zum Campus
Während wir gemeinsam wuchsen, wurde immer deutlicher, dass wir an räumliche Grenzen stießen. Vor allem für die persönliche Beratung und den Verkauf von Maulkörben, hochwertigen Kauartikeln und Hundegeschirren fehlten uns Lagerkapazitäten und geeignete Räume.
Als das Gebäude auf dem Grundstück des Hundeplatzes frei wurde, ergriff ich die Chance, das gesamte Gelände zu mieten. So entstand der Campus – ein Ort, der für mich die Bedeutung eines zentralen Ortes des Lernens und Lehrens, Förderns und des Forderns und Austauschs trägt. Der Campus sollte Raum für vielfältige Themen bieten, die sich rund um das Wohl von Hund und Mensch drehen.
Der Campus ist mehr als ein Hundeplatz – er vereint zahlreiche Angebote unter einem Dach:
- Gesundheit des Hundes: Physiotherapie, Ernährungsberatung und ganzheitliche Tierheilpraktik gehören zu unserem erweiterten Spektrum.
- Sachkundenachweis: Theorie und Praxis finden hier ebenso Platz wie persönliche Beratungen.
- Maulkorb- und Geschirrberatung: Der Campus ermöglicht es, in Ruhe und mit individueller Unterstützung die passende Ausstattung für den Hund zu finden.
- Seminare, Vorträge und Workshops: Der Seminarraum bildet das Herzstück des Campus. Hier können wir wetterunabhängig trainieren, Fitnessübungen durchführen und unsere Veranstaltungen organisieren.
Neue Wege in der Hundeschule
Mit den Möglichkeiten des Campus eröffnen sich neue Wege für unser Training. Besonders wichtig ist mir, Menschen mit psychischen Erkrankungen zu stärken und sie auf ihrem Weg mit ihrem Hund zu begleiten. Die erste Veranstaltung zu diesem Thema – ein Vortrag eines Heilpraktikers für psychische Erkrankungen – war ein erster Schritt. Dieser Ansatz wird 2025 weiter ausgebaut, da ich aus eigener Erfahrung weiß, welchen bedeutenden Beitrag Hunde zur Genesung leisten können.
Der Campus ist auch ein Ort für andere Berufe aus der Hundebranche. Hier können Experten Workshops und Seminare anbieten oder durch Kooperationen mit uns zusammenarbeiten. Die Möglichkeit zur Anmietung schafft Raum für innovative Projekte und den Austausch in der Branche.
Ich brenne für neue Ideen und Wege. Der Campus ist für mich nicht nur ein persönlicher Erfolg, sondern auch ein Ort, der zeigt, was möglich ist, wenn Leidenschaft, Wissen und Engagement zusammenkommen. Die Vision, einen Ort des Lernens, Förderns und des Miteinanders zu schaffen, hat Gestalt angenommen – und ich freue mich darauf, gemeinsam mit unserem Team und unseren Kunden die nächsten Schritte zu gehen.
Der Campus steht für Wachstum, Zusammenarbeit und vor allem für das Wohl von Hund und Mensch. Ich lade alle ein, Teil dieser Vision zu werden und mitzuerleben, wie Träume Wirklichkeit werden.
Die letzten sechs Jahre waren eine spannende Reise. Von den ersten Schritten als mobile Hundetrainerin bis hin zur Etablierung eines festen Standorts und der Erweiterung des Teams habe ich viel gelernt. Mein größtes Ziel bleibt es, Hunde und ihre Halter auf ihrem gemeinsamen Weg zu begleiten und eine Beziehung zu fördern, die von Verständnis, Vertrauen und gegenseitiger Verantwortung geprägt ist.
Ich freue mich auf die nächsten Jahre und all die Herausforderungen, die sie mit sich bringen werden. Denn eines ist sicher: Mein Traum lebt weiter!










